25.05.2010
Krupp organisierte die Finanzierung des
Nazi-Regimes und zog Profite aus der Barbarei
Die Geschichte der Krupps im
NS-Faschismus
So oft das Blut wie Wasser floss,
Sprachst du ein fromm Gebet
Und riefest: Gott ist groß
Und Krupp ist sein Prophet!
Und hat man dann das Heldentum
Mit froher Hand gepflegt -
Wer heilt die Wunden, die der Ruhm
Daheim der Freiheit schlägt?
[Georg Herwegh (1817 - 1875)]
Unzureichende Aufarbeitung der
Geschichte
Wenn von Krupp die Rede ist, wird der Krieg weggelassen; wenn von
Krieg die Rede ist, wird Krupp weggelassen, als hätte es nie die
"Waffenschmiede des Reiches" gegeben. So kann man etwas
vereinfacht die offizielle Behandlung unserer Vergangenheit in der
Bundesrepublik charakterisieren. Beides wird bereinigt. Der Krieg
findet nur rein militärisch statt; die Überfälle auf fremde
Völker heißen wertneutral Feldzüge. Die Profiteure des Krieges
sind eben nur Geschäftsleute, die die Erhaltung ihres Betriebes und
der Arbeitsplätze im Sinn haben. In Guido Knopps "Die
Deutschen im 20. Jahrhundert" wird man vergeblich die Begriffe
"Krupp", "Thyssen", "Flick" und
"IG Farben" im Register suchen. Dafür kommt in dem Buch
viel "Mauer und Stacheldraht" vor, womit man die DDR
einseitig für den Kalten Krieg im gespaltenen Deutschland
verantwortlich macht. "Flucht und Vertreibung" beginnen
nicht 1933 mit der Verfolgung unliebsamer Personen, die in
Nazi-Deutschland keine Heimstätte mehr hatten und mit
Gefangenschaft, Folter und Tod bedroht waren, sondern erst, als die
Rote Armee die Eindringlinge vertrieb. Ursachen und Folgen werden
vertauscht.
Bei der Aufarbeitung unserer Vergangenheit vermisst man die
sprichwörtlich deutsche Gründlichkeit. Ob Regierung, Parlament,
Justiz oder Behörden, die Alleinschuld schiebt man gerne auf Hitler
und seine Helfershelfer in Nazikreisen. Die Drahtzieher der
Industrie und der Finanzwelt im Hintergrund werden geschont, so dass
man eher von einer Gründlichkeit des Vertuschens reden kann.
Verständlich, da an der Macht dieser Klasse im Westen Deutschlands
kaum gerüttelt wurde. Sehr treffend stellte das Internationale
Militärtribunal fest:
"Die Diktatur, hinter der sich diese Menschen zu
verschanzen suchten, war ihre eigene Schöpfung. Von dem Wunsche
getrieben, sich selbst eine Machtstellung zu schaffen, haben sie das
System aufgebaut, von dem sie ihre Befehle empfingen. Der
Fortbestand dieses Systems hängt von ihrer dauernden Unterstützung
ab." (IMT, Bd. XIX, S. 515) [http://www.braunbuch.de/1-01.shtml#i09]
Hitler war kein Zufall der Geschichte. Er kam auch nicht aus dem
Gully, wie das einmal der Chefredakteur einer westdeutschen Zeitung
schrieb. Er war die konzentrierte Zusammenfassung der Ansprüche der
Klasse der Mächtigsten des Kapitals. Die Hitler-Diktatur, wenn der
Begriff seine Berechtigung haben sollte, war die Einheitsfront aus
Großkapital, Militarismus und Nazipartei zur Zerschlagung der
organisierten Arbeiterbewegung und zur Ausplünderung anderer
Völker.
Nicht erst seit 1933 interessierten sich große Konzerne für
Hitler. Sie versprachen sich von seiner Nazipartei die
Verwirklichung ihrer Pläne für eine Neuordnung Europas und
lukrative Rüstungsgeschäfte. Die anfängliche Zurückhaltung
einiger Industrieller bezog sich lediglich auf die Kompetenz und
Fähigkeit des Gefreiten des 1. Weltkrieges. Aber die Bedenken waren
schnell zerstreut.
Wenn sich manche Forscher und besonders der Amerikaner H. A.
Turner jr. darauf berufen, dass maßgebende Industrielle wie etwa
Krupp die NSDAP als Partei erst relativ spät unterstützt hätten,
dann verkennen sie dabei den Charakter des Faschisierungsprozesses,
bei dem die verschiedenen Methoden miteinander kombiniert wurden.
Daher kann man nicht jene, die zunächst die NSDAP noch nicht an der
Regierung sehen wollten, von der Verantwortung für die
Faschisierung insgesamt freisprechen; denn die offene, blutige
Diktatur blieb für alle Gruppen in Großindustrie, Banken und
Großgrundbesitzer als letztes Mittel parat. Es profitierten auch
die, die zunächst mehr auf die Reichswehr oder die Deutschnationale
Volkspartei (DNVP) des ehemaligen Krupp Direktors Hugenberg setzten,
von der NSDAP als terroristischer Massenbasis und als Alternative
zur schrittweisen Faschisierung. [Detlev Peukert: Ruhrarbeiter
gegen den Faschismus, Seite 12/13]
Die Naziideologie enthält so gut wie keine konzeptionellen
Gedanken, die nicht schon vorher in konservativen und
deutschnationalen Ideologien der bürgerlichen Rechtsparteien
enthalten gewesen wären. [Kurt Bachmann: "1933",
Seite 16]
Die Krupps waren keine Demokraten
Ob Kaiser-Wilhelm-Monarchie oder Hitler-Diktatur, sie waren
Förderer und Nutznießer und mitverantwortlich am Massenmord zweier
Weltkriege. Inzwischen sind vielen Deutschen die Begriffe
"Holocaust" und "Auschwitz" vertraut. Aber
Auschwitz war nur durch Krieg möglich, d. h. der Weg nach Auschwitz
musste erst durch die Naziwehrmacht mit Kruppschen Waffen
freigeschossen werden, damit der Großkonzern seine Zünder-Fabrik
von Häftlingen bauen und mit "Vernichtung durch Arbeit"
bedienen konnte.
Krupp von Bohlen und Halbach, Gustav, Wehrwirtschaftsführer,
*7.8.1870 Den Haag als Sohn des badischen Ministerpräsidenten
Halbach. Legationsrat. 1906 Heirat der Alleinerbin der Friedrich
Krupp AG, Bertha Krupp, seitdem Träger des Namens Krupp. Ab 1909
Leiter des Unternehmens. Förderer der Rassenhygiene, der
Kaiser-Wilhelm-Institute für Hirnforschung und für Psychiatrie.
1911 (bis 1937) Vizepräsident Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG),
Senator KWG. 1931 (bis 1934) Vorsitzender des Reichsverbands der
Deutschen Industrie. Mai 1933 Aufruf zur Adolf-Hitler-Spende der
deutschen Wirtschaft (Weiß). 1934 in der Zeitschrift der Akademie
für Deutsches Recht als Führer des Reichsstandes der Deutschen
Industrie Mitunterzeichner eines Aufrufs (faks. Abdruck Poliakov,
Diener): "Über dem Leben der Nation und seinen immer
wechselnden Erscheinungsformen steht das Recht, das geboren aus
Rasse und Seele des Volkes, ewige Bindung der Nation an die ihr
eigenen Werte bedeutet" Im Generalrat der Wirtschaft
(Führerlexikon). 1940 von der Deutschen Arbeitsfront als
Nationalsozialistischer Musterbetrieb ausgezeichnet. Der
Taschenbrockhaus: "Nach der nationalsozialist. Revolution
wurden die Kruppwerke wieder die Waffenschmiede des Reiches. In
Würdigung seiner Verdienste um die wirtschaftlichen und sozialen
Leistungen seines Betriebes und um die Rüstung der deutschen
Wehrmacht wurde K. v. B. u. H. vom Führer zum 70. Geburtstag im
August 1940 mit dem Goldenen Ehrenzeichen der NSDAP, dem Adlerschild
des Deutschen Reiches [höchster Wissenschaftspreis] und dem
Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet und als erster
deutscher Betriebsführer zum Pionier der Arbeit ernannt.",
(Goebbels am 8. 8. 1940 im Tagebuch: "Eine reiche Ehrung. die
er sich aber wohlverdient hat." Angeklagt im Nürnberger
Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher. wegen (tatsächlich)
schwerer Erkrankung außer Verfolgung gesetzt. †16.1.1950 in
seinem Jagdhaus in Blühnbach bei Salzburg. [Ernst Klee: Das
Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945?, S.
Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2003 ISBN 3-10-039300-0]
Krupp von Bohlen und Halbach, Alfried, Wehrwirtschaftsführer,
* 13.8.1907 Villa Hügel bei Essen. Ältester Sohn von Gustav
Krupp. 1931 Förderndes Mitglied SS. 1935 NS-Fliegerkorps,
Standartenführer (Gall, S. 464). 1936 Vorstandsmitglied, 1938
Mitglied des Direktoriums, Leiter der Rüstungsabteilung, 1938
NSDAP. 1941 Mitbegründer der Reichsvereinigung Kohle (Weiß). 1942
in Speers Rüstungsrat und stellv. Vorsitzender der
Reichsvereinigung Eisen. April 1943 Alleininhaber des Vorsitzes des
Direktoriums. Dezember 1943 Alleininhaber des Krupp-Imperiums. Am
31.7.1948 im Krupp-Prozeß wegen Ausbeutung von Zwangsarbeitern
sowie Plünderung von Wirtschaftsgütern in besetzten Gebieten zu 12
Jahren Haft verurteilt. Entlassung Landsberg 1. 2.1951 mit
feierlicher Erklärung, nie wieder Waffen zu produzieren.
Eidesstattliche Erklärung zum Prozeß (zit. n. Poliakov, Juden):
"Als ich über die antijüdische Politik der Nazis befragt
wurde und was ich davon wüßte, sagte ich, daß ich nichts von der
Ausrottung der Juden gewußt habe und weiterhin daß: >Wenn man
ein gutes Pferd kauft, muß man ein paar Mängel
hinnehmen.<" 1955 Firmenleitung, 1963 Senator
MaxPlanck-Gesellschaft. †30.7.1967 Essen. Lit.: Gall. [Ernst
Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach
1945?, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2003 ISBN
3-10-039300-0]
Maximalprofite durch Rüstung und
Krieg
Die Aufrüstung Hitlerdeutschlands sicherte auch dem
Krupp-Konzern riesige Profite. Nach den Angaben des
USA-Hauptanklägers im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß,
Jackson, stiegen in den Jahren 1935 bis 1941 die offiziell
ausgewiesenen, in Wirklichkeit aber wesentlich höheren Gewinne nach
Abzug der Steuern, Geschenke und Reserven auf fast das Doppelte an,
und zwar von 57 Millionen auf 111 Millionen RM. [http://www.braunbuch.de/1-01.shtml#i08]
Den Versailler Vertrag unterlaufen
Die Rüstungsmonopole fanden sich mit der Niederlage im ersten
Weltkrieg keinesfalls ab. Gustav Krupp von Bohlen und Halbach
bestätigte 1944 in einer Rede die heimliche "Wehrhaftmachung"
unmittelbar nach dem Kriege:
"Es ist das große Verdienst der gesamten deutschen
Wehrwirtschaft, daß sie in diesen schlimmen Jahren nicht untätig
gewesen ist, mochte auch aus einleuchtenden Gründen ihre Tätigkeit
dem Lichte der Öffentlichkeit entzogen sein. In jahrelanger stiller
Arbeit wurden die wissenschaftlichen und sachlichen Voraussetzungen
geschaffen, um zu gegebener Stunde ohne Zeit- und Erfahrungsverlust
wieder zur Arbeit für die deutsche Wehrmacht bereitzustehen… Nur
durch diese verschwiegene Tätigkeit deutschen Unternehmertums …
konnte nach 1933 unmittelbar der Anschluß an die neuen Aufgaben der
Wiederwehrhaftmachung erreicht, konnten dann auch die ganz neuen
vielfältigen Probleme gemeistert werden." (IMT, Bd. I, S. 203
f.) [http://www.braunbuch.de/1-01.shtml#i03]
Einem Oberst Kühn verdanken wir die Kenntnis folgenden
Vorgangs: Derselbe Krupp führte am 7. Juni 1933 dem
Reichswehrminister einen Krupp-Kampfpanzer zur Erprobung vor, der
aufgrund von Erfahrungen des britischen Rüstungskonzerns Vickers
Armstrong "seit einigen Jahren entwickelt worden war, gemeinsam
mit dem Reichswehrministerium". So wurde in der Weimarer
Republik der Versailler Vertrag sehr frühzeitig unterlaufen. Aus
der streng geheim gehaltenen Besprechung, so heißt es dort
wörtlich, geht hervor, dass am 22. August 1933 bereits 100 Panzer
bei Krupp bestellt wurden. Daimler-Benz, Henschel und MAN Nürnberg
erhielten Probeaufträge für 3 bis 5 Panzer des Kruppschen Modells.
Bei der Besprechung war Rheinmetall-Borsig ebenfalls zugegen.
"Das Aggregat läuft unter der Bezeichnung:
Landwirtschaftlicher Schlepper" Man sieht, Krupps engste
Verbindung zahlte sich rechtzeitig aus. [Kurt Bachmann:
"1933", Seite 44-45]
Hitler und 27 Industrielle:
Geheimtreffen am 20. Februar 1933
Ihre Angst vor "jeder Massenbewegung", ihre Profitgier
und die Sicherung ihrer Herrschaft war die Triebkraft, Hitler an die
Macht zu bringen. Einmal an der Macht flossen gewaltige Summen in
die Parteikassen der Nazis.
Das Geheimtreffen vom 20. Februar 1933 war eine Zusammenkunft
Adolf Hitlers mit 27 Industriellen in Hermann Görings Amtssitz im
Reichstagspräsidentenpalais zur Finanzierung des Wahlkampfes der
NSDAP. Auf diesem Treffen wurde für den laufenden Wahlkampf zur
Reichstagswahl am 5. März 1933, mit der die NSDAP zusammen mit der
Kampffront Schwarz-Weiß-Rot die notwendige Zweidrittelmehrheit für
das Ermächtigungsgesetz erreichen wollte und die sich als letzte
Mehrparteien-Reichstagswahl des Deutschen Reichs erweisen sollte,
ein Wahlfonds von drei Millionen Reichsmark für die NSDAP und die
Kampffront Schwarz-Weiß-Rot beschlossen. 75 % der Summe ging an die
NSDAP. Davon sind mehr als zwei Millionen Reichsmark direkt als
Einzahlung an die NSDAP nachweisbar. [http://de.wikipedia.org/wiki/Geheimtreffen_vom_20._Februar_1933]
Hitler überzeugte die anwesenden Industriellen von der
Notwendigkeit des Kampfes gegen Demokratie und Kommunismus:
"Wir stehen heute vor folgender Situation: Weimar hat uns
eine bestimmte Verfassungsform aufoktroyiert, mit der man uns auf
eine demokratische Basis gestellt hat. Damit ist uns aber keine
leistungsfähige Regierungsgewalt beschert worden. Im Gegenteil, der
Kommunismus mußte sich nach dem, wie ich eingangs die Demokratie
kritisiert habe, immer tiefer in das Volk hineinbohren." Dann
erklärte Hitler, er brauche die gesamten Machtmittel des Staates,
um den Kommunismus niederzuwerfen: "Wir müssen erst die ganzen
Machtmittel in die Hand bekommen, wenn wir die andere Seite ganz zu
Boden werfen wollen. […] Wir müssen in Preußen [Anm.:
zeitgleiche Landtagswahl] noch 10, im Reich noch 33 Mandate
erringen. Das ist, wenn wir alle Kräfte einsetzen, nicht
unmöglich. Dann beginnt erst die zweite Aktion gegen den
Kommunismus." [http://de.wikipedia.org/wiki/Geheimtreffen_vom_20._Februar_1933]
Hier zeichnete sich besonders Krupp von Bohlen und Halbach aus,
der zu den 27 anwesenden Teilnehmern gehörte und in seiner
Dankesrede sich zum Privateigentum und zur Wehrhaftigkeit bekannte.
Krupp organisierte die Finanzierung
des Nazi-Regimes
Als nach dem Reichstagsbrand am 28. Februar 1933 der Naziterror
wütete, Kommunisten, viele Antifaschisten bereits verfolgt wurden,
die Kriegsvorbereitungen durch die Bildung eines geheimen
"Reichsverteidigungsrates" am 4. April 1933 begannen, war
es Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, der die Finanzierung der
Nazis übernahm. Krupp befand sich in der Tradition seiner Familie,
die bereits im 19. Jahrhundert für die preußisch-deutschen
Monarchien Waffen schmiedete.
Adolf-Hitler-Spende der deutschen Wirtschaft
Die Adolf-Hitler-Spende der deutschen Wirtschaft war eine am
1. Juni 1933 eingerichtete Spende von der Vereinigung der deutschen
Arbeitgeberverbände und dem Reichsverband der Deutschen Industrie
zugunsten der NSDAP. […] Angeregt wurde diese Spendenaktion für
die NS-Bewegung von Gustav Krupp von Bohlen und Halbach und Martin
Bormann. Krupp führte das dazu installierte Kuratorium. Zu den
Mitbegründern der Kooperative "auf Gegenseitigkeit" (bpb)
gehörte der Ex-Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht.[…] Die
abzuführende Spende wurde nach der Gesamtlohn- und -gehaltssumme
berechnet. Damit wurden also die Lohnnebenkosten der Firmen erhöht.
Die prozentuale Belastung schwankte zw. 1 % und 3,5 % der gesamten
Lohnkosten eines Betriebes. Bis 1945 kamen so 700 Millionen
Reichsmark an Spenden zusammen. [http://de.wikipedia.org/wiki/Adolf-Hitler-Spende_der_deutschen_Wirtschaft]
Krupp, IG-Farben, Flick, Thyssen und andere zahlten über die
"Adolf-Hitler-Spende" der Nazipartei von 1933 bis 1945
jährlich über 60 Millionen RM. Allein die Dresdner Bank zahlte im
Jahre 1934 120000 RM.
Außer den Zahlungen für die "Hitler-Spende"
machten die Rüstungsmonopole große finanzielle Zuwendungen an die
SS und andere Organe des nazistischen Terrorapparates. Zu den
eifrigsten Geldgebern und Förderern der Nazi-Partei zählte
Friedrich Flick. Neben ständigen Zahlungen an den sogenannten
Freundeskreis Himmler - sie machten jährlich über 100000 RM aus -
zahlte Flick große Summen zur "Hitler-Spende" sowie an
die örtlichen Stellen der Nazi-Partei. So überwies z. B. das zu
seinem Konzern gehörende Stahlwerk Riesa in der Zeit vom 24.
Februar 1933 bis Ende 1934 über 34000 RM an örtliche SA- und
SS-Verbände. Nach der Unterzeichnung des Münchner Abkommens am 30.
September 1938 sicherte der Vorstandsvorsitzende der IG-Farben,
Hermann Schmitz, Hitler weitgehende finanzielle Unterstützungen zu:
"Unter dem Eindruck der von Ihnen, mein Führer, erreichten
Heimkehr Sudetendeutschlands ins Reich, stellt Ihnen die
IG-Farbenindustrie Aktiengesellschaft zur Verwendung für das
sudetendeutsche Gebiet einen Betrag von einer halben Million
Reichsmark zur Verfügung." (Nürnberger Prozeß, Fall VI,
Prozeß gegen Carl Krauch und andere Vertreter des
IG-Farben-Konzerns, Dok. NI 2795, im folgenden NG, IG-Farben-Prozeß)
Insgesamt stellte der IG-Farben-Konzern (ohne Tochtergesellschaften)
der Hitlerclique in den Jahren von 1933 bis 1945 über 84 Millionen
RM zur Verfügung. [http://www.braunbuch.de/1-01.shtml#i01]
Die Erwartungen der Industrie wurden
erfüllt
Hitler beeilte sich, jene Versprechen, die ihn letzten Endes
an die Macht gebracht hatten unmittelbar nach der
"Machergreifung" zu bekräftigen. In einer Ansprache vor
den Befehlshabern des Heeres und der Marine verkündete er, erst
knapp eine Woche Reichskanzler, die Hauptziele seiner Politik:
"Im Innern:…Ausrottung des Marxismus mit Stumpf und Stil…Straffste
autoritäre Staatsführung. Beseitigung des Krebsschadens der
Demokratie. Nach außen: Kampf gegen Versailles…Aufbau der
Wehrmacht als wichtigste Voraussetzung der Wiedergewinnung der
politischen Macht Wie soll die politische Macht gebraucht werden?
Vielleicht Erkämpfung neuer Exportmöglichkeiten, vielleicht - und
wohl besser - Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen
rücksichtslose Germanisierung…" (Zitiert nach: U. Hörster
Philipps, Wer war Hitler wirklich? Köln 1978. S. 173 f.)
[Michael Bartsch / Hans-Frieder Schebesch / Rainer Scheppelmann, Der
Krieg im Osten 1941-1945, 1981 by Pahl-Rugenstein Verlag, S. 43]
Die Erwartungen, die führende Vertreter des deutschen
Großkapitals in die Hitlerregierung gesetzt hatten, sollten sich
bald erfüllen. Nachdem das deutsche Reich Ende Oktober des Jahres
1933 die Abrüstungskonferenz in Genf verlassen hatte und aus dem
Völkerbund ausgetreten war, telegrafierte Krupp: "Auf dem
vorgezeichneten Weg folgt Ihnen in unbeugsamer Entschlossenheit
inmitten der einigen Nation die deutsche Industrie."
Mit Krupp, dem damaligen Vorsitzenden des Reichsverbandes der
deutschen Industrie, stellten sich die einflussreichsten Kreise der
deutschen Industrie hinter eine Politik, die ihre eigenen
langjährigen Expansionszielen in allen wichtigen Punkten entsprach.
Dieser Vorgang ist jedoch mit der sogenannten
"Gleichschaltung" anderer gesellschaftlicher Bereiche
nicht vergleichbar.
Die Wirtschaft hatte sich nicht, wie es so oft heißt,
"den Plänen Hitlers zu fügen". sondern sie selbst fügte
sich äußerst wirkungsvoll in die Politik des faschistischen
Staates ein.
In der Geschichtsschreibung der Bundesrepublik wird all zu oft
verdrängt, dass die großen Monopole der Stahl-, Elektro- und
Chemieindustrie die hauptsächlichen Entwicklungslinien der
Aufrüstung des III. Reiches selber bestimmten. Sie gaben die
entscheidenden Phasen dieser Entwicklung vor und dirigierten die
Durchführung der gewaltigen Rüstungsprogramme. Organisationen wie
die "Reichsgruppe Industrie" (oder später der
"Wehrwirtschaftsstab") und die vielfachen personellen
Verbindungen mit staatlichen Stellen und führenden Positionen im
Parteiapparat wurden zu Hebeln einer Politik, die den Krieg als
unausweichliche Konsequenz beinhaltete.
Der "unabänderliche Wille des Führers" war häufig
nichts anderes als die demagogische Aufbereitung von Programmen und
Perspektiven, die durch die Planungsstäbe der großen Konzerne
erarbeitet worden waren. [Michael Bartsch / Hans-Frieder
Schebesch / Rainer Scheppelmann, Der Krieg im Osten 1941-1945, 1981
by Pahl-Rugenstein Verlag, S. 43]
"Führer und Gefolgschaft"
Krupp von Bohlen und Halbach legte im Auftrag und im Namen des
"Reichsverbandes der Deutschen Industrie" am 25. April
1933 der NS-Regierung einen "Plan zur Neugestaltung der
deutschen Wirtschaft" vor, um Hitlers "wirtschaftliche
Maßnahmen und politische Notwendigkeiten in Einklang zu
bringen".
Dieser "Reichsverband der Deutschen Industrie" hatte
das Führerprinzip auch für die eigene Organisation übernommen. An
deren Spitze setzten sich die größten Monopolherren selbst. Die
mächtigsten Führungskräfte der Großindustrie wie der,
Großbanken übernahmen so mit den Führern der NSDAP die
Schalthebel der Macht. Die Unternehmer wurden zu
"Führern" ihrer Betriebe nach dem Motto "Führer und
Gefolgschaft", einem mittelalterlichen Begriff, der nun auf die
modernen Industriebetriebe übertragen wurde. Sie wurden nicht
selten alsbald als NS-Wehrwirtschaftsführer aktiv für die
faschistische Diktatur tätig. So verstanden sie das von Bankier
Freiherr von Schroeder verkündete Prinzip der "Selbstlenkung
der Wirtschaft". [Kurt Bachmann: "1933", Seite
44]
Organisierte Kriminalität
Internationales Militärtribunal: Beute- und Raubzüge
Dieses Gericht befaßte sich auch eingehend mit der Teilnahme
der Krupp-Manager an den Beute- und Raubzügen in eroberten
Ländern. Wo etwas zum Konzern Passendes zu holen war, stellten sich
dessen Führungskräfte ein. So richteten sie, mit den IG Farben
rivalisierend, 1940 ihr Interesse auf die Nickellager in Norwegen
und Finnland. Sie agierten, als es 1941 um den Zugriff auf die
Chrom- und Nickelgruben in Serbien bzw. Griechenland ging, wo sie
auch auf italienische Konkurrenz trafen. Erhielten die Aktionen
dieses wie anderer deutscher Konzerne auch ihre justizförmigen
Verkleidungen, so waren sie doch nur durch das mit Kriegsgewalt
veränderte Kräfteverhältnis gegenüber den ausländischen Rivalen
möglich geworden. Die Selbstverständlichkeit, mit der die
machtbewußten Wirtschaftsführer in Feindesland operierten, sprach
aus der Aussage eines Krupp-Direktors, der als Zeuge auftrat: Der
Hauptgesichtspunkt bei dem Bestreben der Firma Krupp auf dem Balkan
sei gewesen, daß sie "eigene Erzgruben haben wollte, die dem
unnatürlichen Zustand ein Ende bereiten würden, daß eine Firma
von dem Ausmaße Krupps keine eigenen Gruben besaß. Die Erzanfälle
aus diesen Gruben sollten verläßlich für Krupp zur Verfügung
stehen." Einfacher noch wurde mit dem Beutegut in der
Sowjetunion verfahren. Was an Industriebetrieben von Bedeutung war,
wurde zum Sondervermögen des Reiches erklärt und erhielt zunächst
"Paten", die sie in Gang setzen und betreiben sollten.
Dafür wurde ihnen spätere Berücksichtigung bei der endgültigen
Regelung der Eigentumsverhältnisse in Aussicht gestellt. Krupp
wurde "Pate" für die Neue Maschinenfabrik in Kramatorsk
und für Asowstahl I und II sowie das Röhrenwerk "Kuibyschew"
in Mariupol. Zum Krupp-Konzern gehörte auch eine Zünderfabrik im
Umfeld von Auschwitz, für die das Konzentrations- und
Vernichtungslager die Arbeitssklaven lieferte. [Kurt Pätzold:
"Installateure und Profiteure der Macht", jungeWelt v.
08.12.2007]
"Neuordnung Europas"
Mit dem Überfall auf Polen und danach wandte sich der
deutsche Faschismus zunächst gegen jene Länder, die in
Fehleinschätzung des Kräfteverhältnisses das sowjetische Angebot
zur kollektiven Abwehr der Aggression ausgeschlagen hatten. In
Polen, danach in Norwegen, Dänemark, Belgien, Niederlande,
Luxemburg, Frankreich, Jugoslawien und Griechenland demonstrierte
der deutsche Faschismus, wie die "Neuordnung Europas"
aussehen sollte. Neben den systematischen Terror und die
Ausrottungskampagne, besonders gegen das polnische Volk, trat die
wohlorganisierte Ausplünderungspolitik durch die deutschen
Großunternehmen. Besonders die Schwerindustriellen des
Ruhrgebietes, der Flick-Konzern und die IG Farben begannen die
Beute, darunter Fabriken und Gruben in Oberschlesien, Belgien und
Lothringen, sofort nach den ersten militärischen Erfolgen unter
ihre "Treuhandschaft" zu nehmen.
[Das Schicksal Robert de Rothschilds]
Auch der Krupp-Konzern stand beim Beutemachen nicht zurück.
Erschütternd ist zum Beispiel das Schicksal Robert de Rothschilds,
der sich standhaft geweigert hatte, sein Traktorenwerk (wichtig für
die Panzerproduktion!) in Liancourt an Krupp abzutreten. Zunächst
wurde er bei den Verhandlungen wegen seiner jüdischen Herkunft
unter Druck gesetzt, um dann, als immer noch kein
"freiwilliger" Vertrag zustande gekommen war, nach
Auschwitz abtransportiert zu werden. Der Krupp-Biograph Manchester
resümiert die eindeutigen Beweise im Kriegsverbrecherprozess gegen
Krupp: "Rothschild musste in die Gaskammer, damit Krupp sich
bereichern konnte."
[Widerlegung der "Totalitarismus"-Theorie]
Die veröffentlichten Dokumente über die Initiative und
selbsttätige Rolle der großen Monopole bei der Ausplünderung der
unterworfenen Völker Europas verweisen jene Behauptungen ins Reich
der Legende, die in der Person Hitlers oder im Rassenwahn des
Nationalsozialismus die Hauptursache für die Barbarei der deutschen
Kriegführung suchen. Sie widerlegen auch die "Totalitarismus"-Theoretiker,
die in den großen Konzernen nur abhängige Ausführungsorgane des
totalitären Staates sehen wollen. In Wirklichkeit haben die
Großbanken, die führenden Konzerne der Schwerindustrie, der Chemie
und Elektrobranche, nicht nur die Beseitigung der Weimarer Republik
sowie die Aufrüstung betrieben, die den Krieg unvermeidbar machte;
sie haben nicht nur im Krieg ungeheure Gewinne erzielt, sondern
haben auch die Ausplünderung Europas entscheidend mit geplant und
mit organisiert. [Detlev Peukert: "Ruhrarbeiter gegen den
Faschismus" S. 263/264]
"Vernichtung durch Arbeit"
Krupp wurde bevorzugt
Dabei steht fest, daß die ersten Polen, die bei Razzien auf
den Straßen Polens zusammengetrieben worden waren, im Januar 1942
in der Gußstahlfabrik der Krupps nach Essen gebracht worden sind,
daß zahlreiche polnische Gefangene in den Rüstungsbetrieben der
Krupps in Elmag eingesetzt waren und daß die Firma Krupp im Jahre
1943 in ihren Betrieben polnische Kinder im Alter von 12 bis 17
Jahren beschäftigt hat. [Jerzy Sawizki: "Als sei Nürnberg
nie gewesen", Deutscher Zentralverlag Berlin 1958, S. 139]
Ausbeutung von KZ-Häftlingen, Kriegsgefangenen und
Zwangsarbeitern
In den 81 Fabriken des Krupp-Konzerns arbeiteten von 1940 bis
1945 69898 Zwangsarbeiter, 4978 KZ-Häftlinge und 23076
Kriegsgefangene. Allein in Essen waren im August 1943 11557
"Fremdarbeiter" und 2412 Kriegsgefangene für Krupp
eingesetzt. Neben dem nahe Auschwitz neuerbauten Kruppwerk, das
schon in der Standortwahl von dem Willen zeugte, nicht nur für
einige Kriegsjahre, sondern für lange Zeit billige Arbeitskraft aus
dem KZ zur physischen Vernichtung "verwenden" zu können,
waren auch zwei Außenkommandos des KZ Buchenwald in Essen
stationiert, darunter ein "SS-Arbeitskommando Friedrich Krupp.
Essen" mit 522 jüdischen Frauen. Die Leiden der Kruppschen
Zwangsarbeit deutete selbst ein Arztbericht an den Kruppdirektor
Lehmann an:
"Der allgemeine Gesundheits- und Ernährungszustand in
sämtlichen russischen Kriegsgefangenen-Lagern ist durchweg
ungünstig ( … ) Es wurde mir in allen Russenlagern von
Wehrmachtsangehörigen erklärt, dass die Verpflegung mengenmäßig
unzureichend sei ( ... ) Kontrollierende Wehrmachtsärzte haben
erklärt, dass sie nirgends einen solchen schlechten allgemeinen
Zustand bei den Russen angetroffen hätten, als in den
Friedrich-Krupp-Lagern."
Auf eine ärztliche Vorhaltung, dass die russischen
Kriegsgefangenen nicht von einer Tagesration von 300 Gramm Brot um
vier Uhr morgens leben könnten, erwiderte Krupp-Direktor Lehmann
nur, "dass die russischen Kriegsgefangen nicht an die
westeuropäische Ernährung gewöhnt werden dürften.
Die Behandlung der Kruppschen Zwangsarbeiter war derart
unmenschlich, dass Anfang 1942 selbst Proteste des Oberkommandos der
Wehrmacht laut wurden.
Eine Untersuchungskommission beim
"Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz"
beleuchtete Ende 1942 kritisch die Zustände in den sogenannten
Ostarbeiterlagern des Ruhrgebiets. Dabei war sie gezwungen, um der
NS-Führung ein ansatzweise realistisches Bild der Lage geben zu
können, Kritik in einer selbst für einen geheimen Bericht
bemerkenswerten Schärfe zu üben:
"Die Stimmung der Ostarbeiter war mit einigen wenigen
Ausnahmen ( ... ) im Allgemeinen eine unzufriedene bis zum Teil
sogar katastrophale. So wird zum Beispiel das Bild der
Trostlosigkeit und Verelendung in dem Lager des Bochumer Vereins'
nie ausgelöscht werden können. ( ... ) Bochumer Verein: Arbeiter
furchtbar heruntergekommen. Stimmung katastrophal, Lager
vernachlässigt und dreckig, Essen unzureichend. Prügel. Familien
auseinandergerissen. Fluchtversuche sogar von Frauen. Essen als
Prämie erst Leistung, dann Betreuung. Keinerlei Verständnis bei
Leitung." (Der Bochumer Verein' war übrigens sein sogenannter
Nationalsozialistischer Musterbetrieb! Anmerkung. D. Peukert)
[Detlev Peukert: "Ruhrarbeiter gegen den Faschismus" S.
304/305]
Barbarische Strafmethoden
Der Terror gegen die ausländischen wie die deutschen Arbeiter
wurde im Laufe des Krieges noch weiter gesteigert. Instrument für
die innerbetriebliche Polizeiherrschaft war der Werkschutz, der sich
- mit Karabinern, Pistolen und Knüppeln bewaffnet - als
Schlägertrupp besonders hervortat.
Bei Krupp in Essen hatte man sich zur Bestrafung missliebiger
Arbeitssklaven einen spindähnlichen eisernen Schrank angeschafft,
in den die Opfer oft stundenlang, ja tagelang, eingesperrt wurden,
ohne Bewegungsmöglichkeit, fast ohne Luft. Zur Strafverschärfung
goss man im Winter durch ein Loch an der Oberseite noch kaltes
Wasser auf die Wehrlosen. Es ist bezeugt, dass selbst schwangere
Frauen von dieser Tortur nicht verschont blieben. [Detlev
Peukert: "Ruhrarbeiter gegen den Faschismus" S. 306]
Das Verbrechen an 520 ungarischen Jüdinnen
Otto Köhler berichtet über ein undatiertes Massenverbrechen
der Industrie: "Krupp beispielsweise, das berichtete der
US-amerikanische Chefankläger im Nürnberger
Einsatzgruppen-Prozess, Benjamin B. Ferencz in ‚Lohn des Grauens',
hatte 2.000 Männer angefordert und musste sich mit 520 ungarischen
Jüdinnen, zwischen zwölf und 25 Jahre alt, zufrieden geben. Sie
hatten vorher mit ansehen müssen, wie ihre Eltern und Verwandten in
die Gaskammern geschickt wurden. Bei Krupp war man mit der
gelieferten Ware, den ‚Stücken', wie man sie dort nannte,
unzufrieden. Die Mädchen werden mit Reitpeitschen zur Arbeit
angetrieben, einige totgeschlagen. Als die US-Truppen nach Essen
vordringen, müssen die Mädchen verschwinden. Trotz aller
Transportschwierigkeiten beschließt Krupp, die Mädchen, welche die
Arbeit überlebt hatten, zur weiteren Veranlassung nach Buchenwald
zu schicken. Bei Krupp und später im Nürnberger
Kriegsverbrecherprozess ging man davon aus, dass das Problem seine
Endlösung gefunden habe. Doch die Tötungskapazitäten in
Buchenwald waren kurz vor Kriegsende überfordert. Die Jüdinnen
wurden weiter nach Bergen-Belsen überstellt. Viel überlebten….viele
aber auch nicht." (Aus Junge Welt, 3. August 2007) [Ulrich
Sander: "Mörderisches Finale - NS-Verbrechen bei
Kriegsende", S.138]
Das KZ-Außenlager Buchenwald - SS-Arbeitskommando Krupp Essen
Humboldtstraße
Es war mit Stacheldraht umzäunt und wurde von der SS streng
bewacht. Die unmenschliche Ausbeutung der Frauen in den
Krupp-Betrieben sowie die fürchterlichen Zustände in diesem
KZ-Frauenlager waren u.a. Gegenstand der Verhandlungen im Prozess
gegen Krupp vor dem Alliierten Gericht in Nürnberg. Noch lebende
Insassen des Lagers traten dabei als Zeuginnen auf und berichteten
darüber. Ein kurzes Zitat daraus:
"... Die weiblichen SS-Aufseher ohrfeigten und stießen
die Mädchen, wenn sie langsam arbeiteten. Zur Strafe bekamen sie
nichts zu essen und das Haar wurde ganz kurz geschnitten oder in
Form eines Kreuzes rasiert. Die Firma Krupp bestimmte die Art und
Menge der Arbeit und Überwachung.... Dass die Mädchen misshandelt
wurden, war in der Firma allgemein bekannt…"
Am 24. August 1944 waren die Frauen nach Essen gekommen. Sie
arbeiteten vorwiegend im Walzwerk II Ecke Bottroper/Helenenstraße.
Zunächst mit der Straßenbahn gefahren, mussten sie später den 7
km langen Weg zu Fuß zurücklegen. Am 17. März 1945 wurden die
Frauen in das KZ Bergen-Belsen überführt. Sechs von ihnen konnten
vorher flüchten. Sie wurden von mutigen Essener Bürgern versteckt,
verpflegt und am 10. April 1945 von einrückenden amerikanischen
Truppen befreit. [Theo Gaudig - Hans Lomberg - Ernst Schmidt:
"ESSEN anders gesehen", S. 41/ 42]
Krupp-Lager: Dechenschule, Nöggerathstraße, Krämerplatz
In der Dechenschule waren zeitweise 400 bis 500 Personen,
hauptsächlich Ostarbeiter, untergebracht. Die Gestapo hatte auch
ein Sonderlager eingerichtet, worin sie überwiegend Rechtsanwälte,
Ingenieure, Bürgermeister, Gemeindesekretäre sowie katholische und
evangelische Geistliche einsperrte. Am 23. Oktober 1944 kamen hier
bei einem Bombentreffer 61 Gefangene ums Leben. Zur Erinnerung daran
wurde am 28. Oktober 1962 der Gedenkstein enthüllt. - Über die
Verhältnisse in den Krupp-Lägern folgende Auszüge aus einer
eidesstattlichen Erklärung:
"…Am 1. Oktober 1942 wurde ich Oberlagerarzt in den
Kruppschen Arbeiterlägern für Ausländer und hatte die
medizinische Überwachung von allen Kruppschen Arbeiterlägern in
Essen unter mir…"
"Ich begann meine Tätigkeit mit einer vollkommenen
Inspektion der Läger. Zu dieser Zeit, Oktober 1942, fand ich die
folgenden Zustände vor: Die Ostarbeiter und Polen …, welche in
den Krupp-Werken in Essen arbeiteten, waren in folgenden Lägern
untergebracht: Seumannstraße, Grieperstr., Spendlestraße,
Reggstraße, Germaniastraße, Kapitän-Lehmann Straße, Dechenschule
und Krämerplatz. Sämtliche Läger waren von Stacheldraht umgeben
und waren eng bewacht. Die Zustände in allen diesen Lägern waren
äußerst schlecht. Die Läger waren überfüllt. In einigen Lägern
waren mehr als 3mal soviel Personen untergebracht, als gesunde
Verhältnisse es erlauben. Die Insassen des Lagers Krämerplatz
schliefen in Betten, von denen je 3 übereinandergestellt waren. In
den anderen Lägern gab es doppelstöckige Betten. Die Vorschriften
des Gesundheitsamtes verlangten einen Mindestabstand von 50 cm. In
diesen Lägern aber war der Abstand zwischen den Betten
allerhöchstens auf 20 bis 30 cm beschränkt.
Das Essen für die Ostarbeiter war vollkommen unzureichend.
Die Ostarbeiter erhielten 1000 Kalorien pro Tag weniger als das
Minimum für Deutsche. Während deutsche Arbeiter, die
Schwerstarbeit leisteten, 5000 Kalorien pro Tag bekamen, erhielten
die Ostarbeiter, die dieselben Arbeiten machten, nur 2000 Kalorien
pro Tag. Die Ostarbeiter bekamen nur zwei Mahlzeiten pro Tag und
ihre Brotration. Eine der Mahlzeiten bestand nur aus einer dünnen,
wässrigen Suppe. Ich war mir nicht sicher, ob die Ostarbeiter das
für sie vorgeschriebene Minimum auch tatsächlich erhielten.
Später, 1943, als ich die Nahrung, die von den Küchen zubereitet
wurde, prüfte, stellte sich in verschiedenen Fällen heraus, dass
den Ostarbeitern Nahrungsmittel vorenthalten worden waren.
Der Versorgungsplan schrieb eine kleine Menge Fleisch pro
Woche vor. Dafür durfte nur Freibankfleisch verwendet werden,
welches entweder Pferde, tuberkulöses oder vom Tierarzt verworfenes
Fleisch war.
Die Bekleidung dar Ostarbeiter war vollkommen unzureichend.
Sie schliefen und arbeiteten in derselben Kleidung, mit der sie aus
dem Osten gekommen waren. Fast alle von ihnen hatten keine Mäntel
und waren daher gezwungen, ihre Decken als Mäntel in kaltem und
regnerischem Wetter zu tragen. Die Schuhknappheit zwang viele
Arbeiter, auch im Winter barfuß zu gehen. Eine Anzahl von
Holzschuhen wurde angeschafft, jedoch waren diese von einer
derartigen Beschaffenheit, dass die Träger fußkrank wurden….
Außer diesen Holzschuhen wurde den Arbeitern bis Ende 1943
keinerlei Kleidung gegeben. Dann erhielten einige von ihnen einen
blauen Arbeitsanzug. ... "
"Die sanitären Zustände waren besonders schlecht. Am
Krämerplatz, wo ungefähr 1200 Ostarbeiter in den Räumen einer
alten Schule zusammengepfercht waren, waren die sanitären Zustände
einfach unmöglich. Für die 1200 Personen standen nur 10
Kinderklosetts zur Verfügung. In der Dechenschule waren 15
Kinderklosetts für 400 bis 500 Ostarbeiter die dort untergebracht
waren, vorhanden. Exkremente verseuchten den Fußboden dieser
Toiletten. Die Waschgelegenheiten waren auch äußerst beschränkt.
Die Versorgung mit medizinischen Instrumenten, Bandagen, Arzneien
und anderen sanitären Bedarfsartikeln in diesen Lägern war auch
vollkommen unzureichend. Daher konnten nur die allerschlimmsten
Fälle behandelt werden In der Dechenschule hatten ungefähr 2,5 %
der Ostarbeiter offene Tbc. Die Tataren und Kirgisen litten am
meisten unter dieser Krankheit. Sobald sie davon betroffen wurden,
brachen sie wie die Fliegen zusammen….Im Krankheitsfalle mussten
die Arbeiter solange zur Arbeit gehen, bis sie von einem Lagerarzt
arbeitsunfähig geschrieben wurden. In den Lägern Seumannstraße,
Grieperstraße, Germaniastraße, Kapitän-Lehmann-Straße und
Dechenschule wurde keine tägliche Sprechstunde abgehalten. Diese
Läger wurden von den zuständigen Lagerärzten nur jeden 2. oder 3.
Tag besucht. Infolgedessen mussten die Arbeiter trotz ihrer
Krankheit bis zum Erscheinen eines Arztes zur Arbeit gehen…
Nach den Luftangriffen im März 1943 brachten wir viele
Ostarbeiter direkt in den Krupp-Werken unter. Eine Ecke des
Fabrikgebäudes, in dem sie arbeiteten, wurde durch Bretter
abgetrennt. Die Arbeiter der Tagschicht schliefen dort während der
Nacht und die der Nachtschicht während des Tages trotz des großen
Lärmes, der dauernd in den Fabrikhallen herrschte.
Je mehr Luftangriffe auf Essen stattfanden, desto schlimmer
wurden die Zustände. Am 28. Juli 44 berichtete ich meinen
Vorgesetzten: ‚Die Revierbaracke Rabenhorst ist in einem derart
schlechten Zustand, dass von einer Revierbaracke überhaupt nicht
mehr gesprochen werden kann…' Zu dem Revierdienst müssen auch die
erkrankten Personen aus den Krupp-Betrieben herbeigeführt werden.
Dieser Revierdienst wird wahrgenommen in der Bedürfnisanstalt einer
ausgebrannten Wirtschaft außerhalb des Lagers. In dem früheren
Pissoir sind die Lagerstätten für 4 französische Sanitäter. Für
Revierkranke stehen zwei übereinanderstehende Holzbetten zur
Verfügung. Im allgemeinen findet die ärztliche Behandlung im
Freien statt. Bei Regenwetter muss sie in dem obengenannten engen
Raum stattfinden.
"In einem Bericht vom 2. September 1944 schrieb ich an
meine Vorgesetzten bei Krupp: ‚ .... Das Kriegsgefangenenlager in
der Nöggerathstraße befand sich in einem schauderhaften Zustand.
Die Leute wohnen in Aschenbehältern, Hundeställen, alten Backöfen
und selbstgemachten Hütten. Für Unterbringung und Verpflegung
zeichnet Krupp verantwortlich.... Im Lager sind noch 315 Gefangene
untergebracht, 170 von diesen aber nicht mehr in Baracken, sondern
in einem Durchlass der Eisenbahnstrecke Essen-Mülheim im Zuge der
Grunertstraße. Dieser Durchlass ist feucht und für die dauernde
Unterbringung von Menschen nicht geeignet. Der Rest der
Kriegsgefangenen ist in 10 verschiedenen Betrieben der Krupp-Werke
untergebracht'…..Meine Kollegen und ich berichteten die oben
erwähnten Tatsachen an Herrn Ihn, Direktor der Firma Fried.-Krupp
AG, Dr. Wiele, Hausarzt von Dr. Gustav Krupp von Bohlen und Halbach,
Oberlagerführer Kupke und manches mal an das Gesundheitsamt Essen.
Außerdem weiß ich, dass diese Herren die Lager auch selbst
besichtigten." (Aus der eidesstattlichen Erklärung des Dr.
med. Wilhelm Jäger.) [Theo Gaudig - Hans Lomberg - Ernst Schmidt:
"ESSEN anders gesehen", Seiten. 47-50]
Über das französische Kriegsgefangenenlager schreibt Dr. W.
Jäger:
"Das französische Kriegsgefangenenlager in der
Nöggerathstraße war durch einen Luftangriff zerstört worden, und
die Insassen wurden für fast ein halbes Jahr in Hundehütten,
Pissoiren und alten Backöfen untergebracht. Die Hundehütten waren
l m hoch, 3 m lang und 2 m breit. Fünf Mann schliefen in einer
jeden Hütte. Die Gefangenen mußten auf allen Vieren in diese
Hundehütten hineinkriechen. In diesem Lager gab es keine Tische,
Stühle oder Schränke. Es waren auch nicht genügend Decken
vorhanden. Im ganzen Lager gab es kein Wasser. Die ärztlichen
Untersuchungen, die stattfanden, mußten im Freien vorgenommen
werden." (IMT, Bd. III, S. 497) [http://www.braunbuch.de/1-01.shtml#i05]
Widerstand
Das Nazi-System hatte sich einen Unterdrückungsapparat aus
NSDAP, SS, SA, Gestapo, Polizei und Denunziantentum aufgebaut, dass
mit Angst und Schrecken herrschte und Menschlichkeit zum Verbrechen
werden ließ. So funktionierte das System. Dennoch gab es viele
Beispiele von Widerstand innerhalb und außerhalb der Betriebe.
Manchmal war es Brot oder Lebensmittelmarken, die die Gefangenen bei
anderen vertrauenswürdigen Personen eintauschten, oder auch eine
zustimmende Geste, die sie aufmunterte.
Solidarität mit ausländischen Arbeitern
Die Menschen im Ruhrgebiet sahen jeden Tag, wie KZ-Häftlinge,
Fremdarbeiter und Kriegsgefangene behandelt wurden, und viele
einfache Bürger haben im Geiste einfacher Humanität versucht,
zumindest mit etwas Essen, einem Stück Brot oder Kleidung beim
Kampf ums Überleben zu helfen, obwohl ihnen klar war, dass sie es
auf einen eventuellen Zusammenstoß mit der Gestapo anlegten. So
berichtete eine Essenerin, dass sie allein deshalb bei der Gestapo
vorgeladen wurde, weil man sie im Gespräch mit einem
"Fremdarbeiter" gesehen hatte. Auch über das Frauen-KZ
bei Krupp in Essen wird berichtet: Die Sterblichkeit wäre
sprunghaft gestiegen, wenn es nicht jene Kruppianer geben hätte,
die ihr Brot mit den Jüdinnen teilten, ihnen aufmunternde Worte
zuflüsterten . . ." [Detlev Peukert: "Ruhrarbeiter
gegen den Faschismus" S. 311]
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