25.05.2010
Die im Hintergrund
Fritz Berg, Herr Kleinewefers,
Stinnes und andere
Autor: Manfred Demmer
Sonntags spricht er von Demokratie...
"Sonntags spricht er von Demokratie, Montags weiß er nicht
mehr wie er das machen soll.
Denn mit seinen Maschinen, will er weiter verdienen manchen Beutel
voll.
Die Katze läßt das mausen nicht, auch wenn sie manchmal schnurrt,
sie zeigt euch ihre Krallen schon, sobald ihr mal nicht spurt."
So beginnt ein Lied, welches 1969 von Hannes Stütz geschrieben
wurde und was jenem Herren gewidmet ist, der damals mit einem
Ausspruch deutlich machte, dass man zur Durchsetzung seiner
Interessen von der Waffe Gebrauch machten könnte, "Dann
herrschte wenigstens wieder Ordnung", so begründete er das
damals. Der Schießwütige war kein Krimineller - sondern der erste
Vorsitzende des Bundesverbandes der Deutschen Industrie nach 1945,
der die Funktion von 1949 bis 1971 ausübte. Er hieß Fritz Berg
und kam aus Altena, wo er geboren wurde und seine
Schulausbildung genoss. Nach einer Bank- und Kaufmannsausbildung
folgten Tätigkeiten in den USA (u.a. bei Ford in Detroit)
und Kanada. Ab 1928 war Prokurist in der Firma seines Vaters, welche
Stahlerzeugnisse produzierte. Ob in jenen Jahren der Unternehmer
sich mit politischen Fragen befasste oder ob er sogar Mitglied der
NSDAP wurde, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Ein Brand 1961
im Westfälischen Wirtschaftsarchiv vernichtete Akten, die Auskunft
über Bergs konkrete Tätigkeit hätten geben können. Jedoch steht
fest, dass der ab 1940 tätige Alleininhaber der Firma, aktiv im
Beirat der Wirtschaftskammer war. Diese Gauwirtschafts-
kammern waren Wirtschaftsorganisationen der Nazis, die die
faschistischen Ziele im Bereich der Wirtschaft umsetzen halfen. Ab
1942 wurden Sie, infolge der Zielsetzung der Nazis das
Wirtschaftsleben den Erfordernissen des sich abzeichnenden
"Totalen Krieges" zu unterwerfen und die Kräfte der
Wirtschaft regional zu bündeln, per Erlass des
Reichswirtschaftsministerium Nachfolger der Industrie- und
Handelskammern und der Handwerkskammern. "Die ohnehin",
so heißt es in einem Lexikon, "seit der 'Machtergreifung'
drastisch eingeschränkte Selbstverwaltung dieser
Wirtschaftsbereiche wurde damit beseitigt." Hätte hier
nicht stehen müssen, die selbst gewollte bzw. selbst
herbeigeführte Beseitung? Fritz Berg wird wohl kaum Probleme damit
gehabt haben. Denn er wurde - das ist trotz der verbrannten Akten
gesichert - 1943 stellvertretender Leiter der Wirtschaftsgruppe
Eisen-, Stahl- und Blechwarenindustrie, wo für ihn sicherlich nicht
nur die Produktion von Blechdosen im Vordergrund stand. Ebenfalls
gehörte er dem Präsidium der Wirtschaftsgruppe Metallwaren an. Es
ist kaum anzunehmen, dass er auch dort nicht mit "kriegswichtigen
Fragen" befasst war - ob nun als ernannter
Wehrwirtschaftsführer oder nicht.
Nachdem Kriege ging dann ungebrochen seine Karriere weiter. Er
wird 1946 Vorsitzender des Wirtschaftsverbandes Eisen-Stahl- und
Metallverarbeitung - zu einem Zeitpunkt also wo Gewerkschaften sich
erst nach und nach sich organisieren konnten - und präsidiert der
Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer in Hagen vor. Berg -
der kurzzeitig auch Bürgermeister in Altena war - leitete 1951 die
erste westdeutsche Industriellen-Delegation in die USA. Der
Gutsbesitzer war Mitglied in vielen Aufsichtsräten und im
Präsidiums der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Er
war außerdem Geschäftsführer jener 1954 gegründeten
"Staatsbürgerlichen Vereinigung", die in den 1960er und
1970er Jahren politisch motiviert Spenden sammelte, um diese dann an
politische Parteien - vornehmlich von rechts - weiterzuleiten.
Hierbei fand dann ein Bruch der Gesetzgebung statt, weil die
Parteien verpflichtet sind über die Herkunft ihrer Mittel
Rechenschaft abzulegen und es dabei zu eklatanten Vorstößen kam.
Das Bundesverfassungsgericht erklärte dieses Verhalten in einem
Urteil von 1979 für rechtswidrig. Im Umfeld der Flick-Affäre wurde
diese Vereinigung zu einem Skandal, zumal auch Hinweise darauf
sichtbar wurden, dass es unter dem Dach der Vereinigung zu Kontakten
zwischen CDU-Politikern und NPD-Leuten gekommen war. Während diese
also unter der Regie dieses Geschäftsführer geschah, fühlt der
sich genötigt, einen Schießbefehl auf streikende Arbeiter zu
fordern. Natürlich nur, um die Ordnung herzustellen, die nach
Ansicht des während der Nazizeit "qualifizierten"
Arbeitgeberbosses, durch die Septemberstreiks von 1969 bedroht war.
Auch in der Nazizeit war ja die Ordnung durch einen Schießbefehl
von Göring hergestellt worden, dem tausende Arbeiter zum
Opfer fielen. Gewerkschafter und Antifaschisten protestierten gegen
die Berg-Aussagen, die Verbände der Unternehmer und ihre
politischen Sprachrohre übten klammheimliche bis offene Sympathie
mit ihrem Boss, der 1979 in Köln verstarb. Wie sang Hannes Stütz
zum Schluss seines Liedes:
"Samstag ist der Krieg vorbei und die halbe Welt entzwei.
Herr Berg ist guten Mut's,
Jetzt ist er wieder Demokrat solang er davon Nutzen hat. Wenn nicht
- dann kehrt ! Was tut's?
Es sei denn, es ist jemand da, der ihm den Weg verbaut, in die
Hände nimmt und mitbestimmt, was er uns täglich klaut.
Denn die Katze läßt das mausen nicht auch wenn sie manchmal
schnurrt.
Sie zeigt Euch ihre Krallen schon sobald ihr mal nicht spurt."
Er war dabei
Im WDR-Fernsehen konnte man am 26.März 1985 eine
Geschichtsstunde der besonderen Art miterleben. Da war auf der einen
Seite ein Mann, der als Kommunist schon vor Beginn des staatlichen
Naziterrors gegen die deutschen Faschisten gekämpft hatte. Dafür
wurde er von den Nazis drangsaliert, seine Frau im KZ Auschwitz
umgebracht und er selber im KZ Buchenwald gefangen. Kurt
Bachmann - um ihn handelte es sich - war Präsidiumsmitglied der
VVN-Bund der Antifaschisten und der FIR (Internationale der
Widerstandskämpfer), Er berichtet in dem Film
"Volksgenossen" über seine Erfahrungen im Faschismus. Der
andere Part hatte jener Mann inne, der in einem Buch mit dem Titel
"Jahrgang 1905" bekannte, dass er bei den Nazis voll dabei
war. Wie z.B. am 26.Januar 1932, wo der Unternehmersohn im
Industrieclub in Düsseldorf Herrn Hitler
lauschte, wie dieser den Herren der Banken und der Industrie seinen
Plänen vortrug und diese dann in begeistertes Entzücken
ausbrachen. Paul Kleinewefers aus Krefeld, der
1928 den ersten Kontakt mit den Nazis aufnahm, schreibt: "Ich
war unter den bekannteren Krefelder Unternehmern und in der
sogenannten Gesellschaft zu dieser Zeit der einzige
Parteigenosse." Und als Nazi jubelt er, als die
Gewerkschaften 1933 verboten wurden (wie es ja der "Führer vor
etwas mehr als einem Jahr vorher in Düsseldorf angedeutet hatte)
und mit der "Deutschen Arbeitsfront" eine
Organisationsform entstand, bei der der Betriebschef nach dem
"Führerprinzip" zum innerbetrieblichen Diktator bestellt
wurde. So schreibt Kleinewefers in seinem Buch: "Die
Beseitigung der Demokratie und die Einführung des 'Führerprinzips'
wurde keineswegs überall als Zwang und Diktatur empfunden, denn es
war offensichtlich, wie sehr sich die extreme Demokratie selbst ad
absurdum geführt hatte." Ja, auch noch in
bundesrepublikanischer Zeit stellt er fest: "Diese
Organisation der Wirtschaft (Selbstverwaltung) und der einzelnen
Betriebe sowie die Arbeitsfront mit dem Treuhänder der Arbeit
empfinde ich auch in der Rückschau noch als eine fast ideale
Wirtschafts- und Sozialverfassung im Interesse aller." Und
auch das stammt aus seiner Feder: "Der soziale Frieden in
der Bundesrepublik Deutschland hat auch die Wurzel in jenen Jahren
und in der segensreichen Aktivität der Deutschen Arbeitsfront".
Kleinewefers und die Firma profitierten vom III.Reich, der Betrieb
wurde zum "Nationalsozialistischer Musterbetrieb"
erklärt.( Bis 1940 durften insgesamt 297 Betriebe den Titel
führen), was natürlich auch manche Vorteile verhieß. Während des
Krieges konnte sich die Firma im Osten ausdehnen. Ein Betrieb
entstand nun in der besetzten Tscheslowkai. Und wie sich das
gehörte, bedankte sich der dem "Führer, Volk und
Vaterland" verpflichten Unternehmer, für die Fürsorge des
faschistischen Staates für seine Unternehmer, auch bei der Gestapo.
Wie in der gesamten Industrie, Handwerk und bei Bauern bekam auch
Kleinewefers sogenannte Fremdarbeiter, die als Arbeitssklaven für
den Profit des nationalsozialistischen Musterbetriebes und Herrn
Kleinewefers schuften mussten. Waren da mal welche drunter, die sich
renitent zeigten, wurden diese bei der Gestapo denunziert. Am 2.
November 1942 hieß es in einem Firmenbrief:
"An die Geh. Staatspolizei:
Unsere Ostarbeiterin P. Alexandra, geboren 1895, hat in
unserem Lager unter den Ostarbeiterinnen Unruhe gestiftet und ist
mit der Verpflegung nicht zufrieden. Sie hat versucht ihre
Arbeitskameradinnen dazu zu bewegen die Arbeit niederzulegen und
ebenfalls Beschwerde über Essen usw. vorzubringen. Wir haben die
Ostarbeiterin daraufhin in Einzelarrest genommen um sie von den
anderen Lagerinsassen abzusondern. Wir haben festgestellt, daß die
Genannte und auch noch andere Ostarbeiterinnen im Hause
Inratherstrasse angeblich bei einer Frau M. verkehren und es hat den
Anschein, als ob von der Stelle aus die Ostarbeiterinnen irgendwie
beeinflusst werden. Wie uns zugetragen wurde, ist die Frau M.
gebürtige Russin und deren Mann wegen politischer Straftaten im
Gefängnis. Wir bitten Sie, die Angelegenheit genau zu untersuchen
und vor allem gegen die Alexandra P. die notwendigen Schritte zu
unternehmen.
Heil Hitler!
Joh. Kleinewefers Soehne ppa"
Da solches ja nicht in einem faschistischen Musterbetrieb zu
dulden war, wird wohl seitens der Geheimen Staatspolizei dazu
geführt haben, die "Bitte" zu erfüllen. Und Keinewefers
wusste was er zu machen hatte. Er bedankte sich artig und schrieb in
seinem Buch: "Zu Weihnachten hatten sie gelegentlich ein
Fäßchen Bier bekommen, so taten sie mir manchen Gefallen, und ich
konnte helfen."
Nach der Befreiung von Krieg und Faschisms war die
Unternehmerfamilie Kleinewefers, wegen ihrer Rolle in der
Nazidiktatur, erstmal gesellschaftlich isoliert. So umgab man sich
zunächst mit ehemaligen Nazi-"Kulturschaffenden", wie
z.B. Hitlers Lieblingsbildhauer Arnold Breker. Doch bald
gelangten sie in die "Gesellschaft" zurück.
Kleinewefers-Sohn Jan wurde sogar von 1993 bis 1995
Bundesvorsitzender des einflußreichen Unternehmerverbandes der
Maschinenbauindustrie (VDMA). Auch heute sitzt er noch in
zahlreichen Gremien, wie etwa dem Stiftungsrat des Internationalen
Karlspreis. Kleinewefers gründete eine Stiftung - die zuerst nach
ihm benannt, dann 1989 in Adalbert-Stiftung umbenannt wurde . Diese
Stiftung war seit ihrer Gründung eine Art Scharnier zwischen
Rechten, Konservativen und (immer mehr) Prominenten aus Politik und
Industrie. Geprägt wurde sie durch ihren Stifter. Sie arbeitet eng
mit der Konrad Adenauer -Stiftung der CDU und dem Düsseldorfer
Industrieclub (Nachfolger von genau jenem!) zusammen. Das Paul
Kleinewefers sich auch an anderer Stelle profilierte tat diesen
Beziehungen keinen Abbruch. Wie etwa 1999, wo er - im Alter von 94
Jahren - in der Zwangsarbeiterdebatte - einen Artikel in der
ultrarechten Zeitschrift "Soldat im Volk" schrieb. Zitat: "Wir
Betriebsführer in der damaligen Rüstungsindustrie standen unter
dem Druck, bestimmte Leistungen in der Produktion von Waffen,
Maschinen, Geräten usw. zu erbringen, abgesehen von der
vaterländischen Pflicht, unsere Aufgabe ebenso selbstverständlich
zu erfüllen, wie man das von den Soldaten an der Front
erwartete."
In der Tat - er erfüllte seine selbstverständliche Pflicht.
Paul Kleinewefers war und blieb dabei!
Seine Lebensaufgabe
Im "Braunbuch", - jenes Nachschlagewerk welches 1965 in
der DDR erschien um über die Karrieren von Fachleuten der Nazizeit
in der Bundesrepublik zu berichten, was entsprechend der damaligen
antikommunistischen bundesdeutschen Staatsdoktrin als
kommunistisches Machwerk und Fälscherbuch , als "politische
Pornograhie" bezeichnet wurde, gegen das auch juristisch
vorgegangen wurde, - findet sich auf Seite 48 ein Eintrag über Werner
Albert. Er wird dort als Wehrwirtschaftsführer bezeichnet, der
bei Kronprinz in Solingen tätig war und ist.
Weiterführende Informationen gibt es leider nicht und auch in
anderen Nachschlagewerken wird man bei dem Namen nicht fündig. Also
haben die "Braunbuch" - Macher hier nur etwas
hineingeschrieben um die Bundesrepublik im Kalten Krieg an zu
schwärzen?
Am 3. August 1966 erschien im "Solinger Tageblatt" ein
Artikel mit der Überschrift: "KPZ wurde ihm zur
Lebensaufgabe". Anlass ist der 65.Geburtstag des
langjährigen Vorsitzenden des Arbeitgeberverbandes der
"Klingenstadt" Solingen, eben jenem Werner Albert.
Bevor aus dem Artikel weiter zitiert werden soll, wollen wir einige
biographische Daten beisteuern, die den Hintergrund ausleuchten
helfen. Geboren wurde er in Düsseldorf,
"baute" sein Abitur in Remscheid, wo er auch
ein Praktikum bei der Firma Mannesmann machte. Am 21.April 1925
begann er dort - der zuvor eine Diplomprüfung als Maschinenbauer an
der TH München abgelegt hatte - als Betriebsingenieur
bei Mannesmann. Daneben war er 1925 auch als Assistent am Kaiser
Wilhelm - Institut für Eisenforschung in Düsseldorf tätig.
1926 promovierte er an der Fakultät für Eisenhüttenwesen bei der
TH Aachen. Bei Mannesmann wurde er 1930 Betriebsleiter
des Walzwerkes in Rath (Düsseldorf) und dann in gleicher
Position im Werk Landore der British Mannesmann Tube
Co. In Wales.
Nun soll weiter aus dem Artikel zitiert werden, wo mitgeteilt
wird, das er "vor 28 Jahren in die Klingenstadt (kam),
nachdem ihn die Generaldirektion der Mannesmann AG zum
Vorstandsmitglied der gerade übernommen Kronprinz AG berufen"
hatte. Und an anderer Stelle wird berichtet, dass er "in der
technischen Leitung der Kronprinz AG seine Lebensaufgabe fand. Mit
welchem Geschick er dieser Aufgabe gerecht wurde, das geht aus der
Tatsache hervor, dass er die Zeiten der immer schwieriger werdenden
Produktionsverhältnisse, ebenso wie die des Wiederaufbaus und der
jüngsten rationalisierenden Neuorganisation zum Wohle des
Unternehmens meisterte." Hier müssen nun einige
Anmerkungen gestattet sein, denn was hatte es sich mit der "gerade
übernommen Kronprinz AG" auf sich? Was waren die "immer
schwieriger werdenden Produktionsverhältnisse"? Und was
konnte man unter dem "Wohle des Unternehmens"
verstehen?
Der Wirtschaftsjournalist Kurt Pritzkoleit warf 1963 ein
Blick hinter die Türen der deutschen Wirtschaft. Seine Erkenntnisse
veröffentlichte er in dem Buch
"Männer-Mächte-Monopole". Dabei sind auch Hinweise auf
die "gerade übernommene Kronprinz AG" zu finden.
Doch bevor dieses Thema kurz behandelt werden soll, müssen einige
Worte zu den immer "schwieriger werdenden
Produktionsverhältnissen" gesagt werden. Der von der
übergroßen Mehrheit der Industrie begrüßte Zweite Weltkrieg, der
Aufträge und damit höchste Profite versprach, forderte natürlich
auch von den Betrieben "Opfer". Was tun, wenn die
deutschen Arbeiter statt hinter der Drehbank an Flakgeschützen
stehen? Da müssen eben andere ran, am besten solche, denen man noch
kümmerlichere Löhne (wenn überhaupt) zahlen kann, als man es
schon bei der deutschen "Gefolgschaft" tat. Also müssen
Zwangsarbeiter her, um die "schwierigen
Produktionsbedingungen" zum "Wohle des
Unternehmens" zu lösen. Und Werner Albert verfuhr danach.
In den Kronprinz -Werken schufteten in den Anfangsjahren des Krieges
bereits rund 700 Arbeitssklaven. Der spätere Wehrwirtschaftsführer
hatte die Leitung der Kronprinz AG zu dem Zeitpunkt übernommen, als
1938 "die Springflut der politischen Ereignisse" (Pritzkoleit)
die Mannesmann - Röhrenwerke (die Kronprinz und die Vorgängerfirma
Alexander Coppel einverleibt hatte) "auf der Höhe des
Krieges zu den größten deutschen Montankonzernen" werden
lässt. Begonnen hatte alles bereits 1930, als Mannesmann ein
Fünftel der Firma erwarb. Ab 1934, wo im Mannesmann-Konzern
Generaldirektor Wilhelm Zangen waltete, wuchs das Imperium
ständig weiter. Zu der Zeit als Werner Albert verantwortlich für
KPZ wurde, hatte Mannesmann weitere 20 Beteiligungsgesellschaften im
In-und Ausland. Was hatte es sich mit der von Pritzkoleit erwähnten
Vorgängerfirma Alexander Coppel auf sich?
Im neunzehnten Jahrhundert hatte sich in Solingen
die Firma "Alexander Coppel" etabliert, die Stahlwaren und
auch Blankwaffen herstellte. Die Familie war jüdischen Glaubens. In
einem Zweigwerk in Hilden wurden darüber hinaus
Stahlrohre produziert. Der 1865 geborene Alexander Coppel
tritt in die Firma ein und wirkt auch im öffentlichen Leben von
Solingen und Hilden mit. Entsprechend seiner nationalliberalen
Einstellung zeichnet er im Ersten Weltkrieg Kriegsanleihen und
fordert die Bürger und "seine"Arbeiter ebenfalls dazu
auf. Von 1915 bis 1942 ist er Vorsitzender der Synagogengemeinde in
Solingen und einige Zeit auch im Vorstand der Industrie- und
Handelskammer aktiv.In der Weimarer Republik wendet er sich der
Deutschen Demokratischen Partei zu und ist deren Stadtverordneter
bis 1929 in der Klingenstadt. Ungeachtet seiner Aktivitäten für
die Belange der Stadt wird er schon frühzeitig von den
Nationalsozialisten angegriffen.Im Juni 1932 gibt es bei der Firma
in Solingen auf Initiative des Betriebsrats einen halbstündigen
Protest gegen eine Schießerei von SA-Leuten, bei der 4 Arbeiter
verletzt wurden. Nach der Machtüber - tragung verschärften sich
die Angriffe. Schon 1934 emigrieren Familienangehörige in die
Schweiz. Im Nazi-Sudelblatt "Der Stürmer" werden Angriff
auf das jüdische Unternehmen gestartet. Trotz-dem ergeht am
7.August 1933 seitens der Firma ein Schreiben an die NSBO
(Nationalsozialistische Betriebszellen-Organisation), Ortsgruppe. Hilden
zur Einführung des deutschen Grußes durch Erheben des rechten
Armes. Drei Tage später beteiligt sich Alexander Coppel an
den Kosten für eine NSBO-Fahne. Darin "soll der gemeinsame
hohe nationale Geist zum Ausdruck kommen.'' Doch auch die
Tatsache das die IHK der Familie "nationale und soziale
Gesinnung" bescheinigte und das sich die NSBO im Juni 1933
dafür einsetzte, zu berücksichtigen, dass bei der Firma staatliche
Waffenproduktion in Auftrag gegeben werden könnten, all das konnte
nicht verhindern, dass die jüdische Firma schon vor der
Reichspogromnacht "arisiert" wurde. In einem
Beitrag einer Solinger Schule über die Familie Coppel heißt es
dazu: "Trotz vermehrter Judenauswanderung durch den
drohenden Nationalsozialismus halten die Brüder dem Werk die Treue
bis sie schließlich 1936 aus der Firmenbelegschaft verabschiedet
werden und die Firma in fremde Hände übergeben werden muss." (!!??)
"Verabschiedet"? "Die Firma in fremde
Hände übergeben"? Der für Solingen zuständige
Nazi-Gauleiter Friedrich Karl Florian hatte in einem
Gaubefehl 1938 das Wort "Arisierung" verboten und
befohlen von einer "Entjudung" zu sprechen. "Entjudet"
wurde das Werk in Hilden am 1.März 1936 und der
Betrieb in Solingen am 16.April. Wie die genauen
Vorgänge waren ist weitgehend unbekannt - nur das Kronprinz, dass
"entjudete" Unternehmen sich einverleibte, ist bekannt. Alexander
Coppels Bruder, Gustav nimmt sich 1941 das Leben, seine
Tochter Anna kommt 1942 im KZ Ravensbrück um.
Der Wehrwirtschaftsführer Albert wird sich damals wohl kaum um
das Schicksal seines ehemaligen Unternehmerkollegen gekümmert
haben, der dann im Juli 1942 - siebenundsiebzigjährig - mit anderen
Solinger Juden ins Ghetto nach Theresienstadt
deportiert wurde, wo er am 5.August 1942 verstirbt. Der
Wehrwirtschaftsführer Albert konnte nahtlos - wie es ja auch seiner
beruflichen Aufgabe entsprach, nahtlose Rohre herzustellen - als
führender Mann der Solinger Wirtschaft "den Wiederaufbau
zum Wohle des Unternehmens" fortsetzen. Und dies geschah
mit "alten Kameraden" der Nazizeit.
Da hatten in Hilden Kommunisten, Sozialdemokraten,
Zentrumsleute und Parteilose beim Einmarsch der Amerikaner einen
Antifa-Ausschuss gebildet, der auch von den Besatzern akzeptiert
wurde. Diesem ersten demokratischen Gremium gehörte auch der
Hildener Werksleiter der Firma Kronprinz an, der SS-Mitglied gewesen
war. Auf Protest der Kommunisten hin wurde er - der auf Vorschlag
der Wirtschaft in den Ausschuss gesandt worden war - entlassen. In Solingen
sahen es die Betriebsräte des Kronprinz-Betriebes als eine der
wichtigsten Aufgaben an, die Entnazifizierung im Betriebes
durchzuführen. In der Zeit vom 22.Oktober 1945 bis 12.April 1946
mußten dadurch ehemals aktive Nazis durch die Betriebsleitung
entlassen werden. Wie gesagt, nicht der ehemalige
Wehrwirtschaftsführer, der nun als Vorstand der Kronprinz AG
demokratisch geworden war, handelte, sondern die Arbeiter und
Angestellten des Betriebes. Als Dank dafür wurden diese dann Jahre
später bei der "rationellen Neuorganisation zum Wohle des
Unternehmens" aus dem Betrieb entlassen, entfernt.
Der langjährige Boss des Solinger Arbeitgeberverbandes, der
über 40 Jahre an den Schalthebeln des Kronprinz-Betriebes stand,
hat seine Lebensaufgabe - den Profit höchstmöglichst zu erreichen
- erfolgreich durchgeführt. Was spielen da eventuelle moralische
Fragen eine Rolle ? Was spielt da die Frage nach dem Schicksal eines
von den Nazis ermordeten jüdischen Unternehmers eine Rolle?
Förderer der Nazis vor und nach dem
Krieg
Auf der offiziellen Internetseite des Stinnes-Konzerns wird man
darüber aufgeklärt, dass 1948 die Familie Hugo Stinnes mit
den Gesellschaftern Cläre Stinnes, Hugo Stinnes jun.
und Otto Stinnes in Mülheim an der Ruhr das
Unternehmen Hugo Stinnes oHG zu neuer Größe aufbauten. Man
erfährt auch, dass die erfolgreiche Unternehmensentwicklung 1925
durch Liquiditätsprobleme und Veräußerungen von .Teile des
Unternehmens durch Banken ins Stocken geriet, dann jedoch durch
amerikanische Banken wieder in Gang kam, um 1941 als "Feindvermögen"
von den USA beschlagnahmt zu werden. Es wäre hier sicherlich
interessant, die gesamte Geschichte der Stinnes-Dynastie (die 1808
mit der Gründung eines Schifffahrts- und - Kohlenhandels begann) zu
untersuchen, doch kann hier nur kurz jener Abschnitt beleuchtet
werden, der 1924 mit der Übernahme , des von seinem Vater -
während der Inflation (!!) - "erworbenen"
Unternehmen begann und im ständigen Auf und Ab des kapitalistischen
Wirtschaftslebens immer größer und damit einflussreicher wurde.
Der Herr über 1500 Unternehmen war z.B. auch Mitglied des
Aufsichtsrats des Rheinisch-Westfälischen Kohlen-Syndikats. Am 20.
Februar 1933 war er Teilnehmer - auch als Vorstandsmitglied des
Reichsverbandes der Deutschen Industrie - beim Geheimtreffen von 27
Industriellen mit Adolf Hitler und Hermann Göring in
Berlin. Auf diesem Treffen wurde für den laufenden Wahlkampf zur
Reichstagswahl am 5.März 1933 von der Creme der deutschen Industrie
noch schnell mehr als zwei Millionen Reichsmark für die NSDAP
locker gemacht. Obwohl nach außen hin die Fassade des
unpolitischen, nur an Wirtschaftsfragen interessierten Unternehmers
aufrecht erhalten wurde, ist bekannt das Stinnes jun. sich nicht
scheute , während der Besetzung Dänemarks mit dem Nazi-Statthalter
Werner Best Geschäfte zu machen. Best war ein promovierter
deutscher Jurist, Nazi, Polizeichef, SS-Obergruppenführer und ab
1942 deutscher Statthalter im besetzten Dänemark, wo er vehement
für die "Endlösung der Judenfrage" eintrat. Der
nach der Befreiung in Dänemark zum Tode verurteilter
Nazi-Verbrecher, kommt nach deutscher Intervention in die
Bundesrepublik, wo er sofort aktiv an der Kampagne für eine
Generalamnestie zugunsten von NS-Tätern mitwirkt. 1953 wird er
Direktoriumsmitglied und Justitiar bei der Hugo Stinnes Industrie-
und Handels GmbH in Mülheim an der Ruhr. Im Juli 1989 stellt die
Staatsanwaltschaft Düsseldorf einen Antrag auf die Eröffnung eines
Verfahrens gegen Best wegen Mordes an 8723 Menschen. Der war aber
einige Wochen zuvor gestorben. Dank des Mannes im Hintergrund mit
Namen Hugo Stinnes jun. - dem auch Unterstützung anderer ehemaliger
NS-Funktionäre nachgesagt wird - konnte Best unbehelligt als
"Demokrat" in Erscheinung treten. Stinnes sei Dank!
http://www.stinnes.com/history.php
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