20.05.2011
Ökonomische Interessen auch bei den
Kriegsendphasenverbrechen erkennbar
Aus Ulrich Sander, "Mörderische Finale" -
NS-Verbrechen bei Kriegsende, 2008 bei Papy Rossa Köln
Im Vorwort von Prof. Gerhard Fischer zum Buch
"Mörderisches Finale" heißt es: "Vorliegendes Buch
liefert Beweise dafür, welche Kreise dem Hitlerfaschismus zur Macht
verhalfen und von dieser Macht in reichem Maße profitierten. Die
gleichen Kreise dominieren auch die Bundesrepublik. Das herrschende
Geschichtsbild wiederum ist immer das Geschichtsbild der
Herrschenden."
Zu den Kriegsendverbrechen im Raum Dortmund im April 1045 wird in
dem Buch zitiert: Die im Rombergpark geborgenen Leichen wurden (im
April 1945) auf Planwagen geladen und nach Hörde gebracht. Eine
ungeheure Menschenmenge säumte die Straßen und bildete ein
Spalier. Die Leichenhalle im Sankt-Josefs-Hospital war zu klein, um
die Leichen aufzunehmen. Der Zug setzte sich dann fort zum
evangelischen und katholischen Friedhof. Hier wurden die Leichen auf
die Erde gelegt. Immer wieder defilierten Menschen an den Opfern
vorbei und prüften, ob sie jemanden wiedererkannten.
Verbrecher im Nadelstreifen
Albert Vögler aber, der unter Hitler, während der Herrschaft
"seines Mannes", das größte und blendendste Geschäft
seines Lebens gemacht hatte, nahm an der Beisetzung seiner
"Gefolgschaftsmänner", seiner Opfer, nicht teil. Einige
Dutzend Kilometer vom Tatort entfernt residierte er auf Haus Ende.
Die bleiche Angst, zur Rechenschaft gezogen werden zu können, jagte
ihn in seine vier Wände. In den letzten Kriegswochen hatte er auf
jene Nazis und Konservative gesetzt, die planten, unter Preisgabe
Hitlers mit den Westmächten einen antisowjetischen Separatfrieden
abzuschließen, um die Macht des großen Geldes und der Reaktion,
wenn auch ohne Hitler, zu erhalten. Als die Amerikaner am 14. April
1945 Vögler festnehmen wollten, sah er diesen Plan als endgültig
gescheitert an. So gab es für ihn keinen Ausweg mehr. Albert
Vögler endete an jenem Tage durch Selbstmord! Die Atombombe, die er
mitbauen wollte, wurde von den Amerikanern gebaut - und gezündet.
Der von Vögler ersehnte antisowjetische Block von Deutschen mit den
Amerikanern kam zustande, wenn auch erst zu Zeiten des Prozesses
gegen die Rombergpark-Mörder.
Vögler war in Panik geraten. Dies, obwohl er noch gebraucht
wurde, wie spätere Nachrufe aus Unternehmerkreisen zeigten:
"Albert Vögler schied in den düsteren Apriltagen durch
eigenen Entschluss aus dem Leben, als er sich ohnmächtig
feindlicher Willkür ausgesetzt sah. Ihm blieb dadurch gewiss
erspart, der Zerschlagung seines Lebenswerkes zuzusehen oder gar die
Internierung erleiden zu müssen. Aber gerade in den
Nachkriegsjahren machte es sich doppelt fühlbar, dass die
Wirtschaft des Industriegebietes seines klugen Rats entbehren
musste." ("Nekrologe aus dem Rheinisch-Westfälischen
Industriegebiet", 1951)
"Die Wirtschaft" musste mit Vöglers Stellvertreter,
mit dem früheren Vorstandsmitglied der Vereinigten Stahlwerke
Direktor Heinrich Dinkelbach vorlieb nehmen. Dinkelbach war wie
Flick und Reemtsma bereits im Herbst 1944 in den Kreis derjenigen
einbezogen worden, die die Pläne des späteren Bundeskanzlers
Ludwig Erhard und des hohen SS-Führers Otto Ohlendorf zu prüfen
hatten, die im Freundeskreis der SS für die Zeit nach dem Kriege
kursierten. Verstaatlichungen gehörten nicht zu diesen Plänen.
Dinkelbach wurde bereits Anfang 1947 von den Engländern an die
Spitze der Treuhandgesellschaft im Ruhrgebiet berufen, die die
Verstaatlichung der Eisen- und Stahlindustrie planen sollte. Aus der
Verstaatlichung wurde bekanntlich nichts. Erhard hatte als Leiter
des vom Siemens-Konzern finanzierten "Instituts für
Industrieforschung" ab Anfang 1944 den SS-Führern Hayler und
Otto Ohlendorf und den Wehrwirtschaftsführern
"wissenschaftlich" zugearbeitet. (…)
Motiv für den Massenmord:
Ökonomische Interessen
Wenn die Mörder nicht als Mörder abgeurteilt wurden, stellt
sich die Frage, ob denn wenigstens die Auftraggeber der Täter als
Mörder bestraft wurden. Doch die Auftraggeber standen nicht vor
Gericht. Weder die "Regierung" im Ruhrkessel unter Model
und Vögler, noch das Reichssicherheitshauptamt, die die Mordbefehle
herausgegeben hatten. Der Chef der Polizei und SS, Himmler, hatte
Selbstmord begangen wie Model und Vögler. Der Leiter der
Koordinierung von Polizei, Gestapo, SD-Sicherheitsdienst und
Geheimdiensten, eben des Reichssicherheitshauptamts, Ernst
Kaltenbrunner, war in Nürnberg von den Alliierten zum Tode
verurteilt worden. Der oberste Gestapo-Chef Heinrich Müller blieb
unauffindbar und Otto Ohlendorf, einer der RSHA-Amtsleiter, wurde
von den Amerikanern 1951 in Landsberg hingerichtet, aber nicht wegen
seiner RSHA-Tätigkeit im Inland, sondern wegen seiner Morde als
zeitweiliger Chef einer Einsatzgruppe im Osten.
Jene, die in der Mordmaschinerie Regie führten, blieben
unbehelligt. Die 300 Mitarbeiter des Reichssicherheitshauptamtes,
die nach 1945 als Schreibtischtäter zeitweilig Justizverfahren
ausgesetzt waren, ja die ganze RSHA-Institution, wurden nie zur
Rechenschaft gezogen. Strafbar war, wenn überhaupt, nur die direkte
Mordtat, alles andere galt bald als verjährt. Dieses
Reichssicherheitshauptamt, dieses furchtbare Gehirn der
Nazi-Herrschaft, war in den letzten beiden Kriegsjahren zu einer
Ansammlung von Ämtern geraten, die sich heute rückwirkend fast wie
eine Nebenregierung darstellt. Auch dieses RSHA, so wissen wir
heute, hat sich mit der Zeit nach Kriegsende befasst. Während jeder
Deutsche, der laut am Endsieg zweifelte, mit Hilfe des RSHA und SS
einen Kopf kürzer gemacht wurde, hat dieses Amt sehr zielstrebig an
Plänen für ein Deutschland ohne Hitler, aber mit Faschisten oder
doch wenigstens mit den alten ökonomischen Eliten gearbeitet.
Ein Geheimagent der US-Armee hat im Herbst 1944 laut Bericht an
das State Department vom 7. November 1944 über ein Treffen von SS
und Industrie folgendes notiert: "Ein Treffen der wichtigsten
deutschen Industriellen, die in Frankreich Interessen haben, fand am
10. August 1944 im Hotel Rotes Haus in Strasbourg (Frankreich)
statt." Man beschloss: "Die bestehenden Finanzreserven im
Ausland müssten zur Verfügung der Partei gehalten werden, so dass
ein starkes deutsches Reich nach der Niederlage geschaffen werden
könne." Es sollten geheime Büros im Reich gebildet werden.
"Die Existenz dieser Büros ist nur einem ganz kleinen Kreis
von Industriellen und den Führern der Nazipartei bekannt. Jedes hat
einen Verbindungsmann zur Partei. Sobald die Partei stark genug ist,
die Macht in Deutschland wieder zu übernehmen, würden die
Industriellen für ihre Anstrengungen und Zusammenarbeit durch
Konzessionen und Vorrechte bezahlt werden."
Das RSHA befasste sich seit 1944 auch damit, hohe Nazis auf
Geheimwegen aus Deutschland hinauszubringen: 40.000 Nazis haben sich
auf diese Weise nach Lateinamerika abgesetzt, viele wurden auch von
den US-Geheimdiensten angestellt. Vor allem wurde aber das
wirtschaftliche Leben nach dem Dritten Reich geplant. Eine
Schlüsselstellung nahm dabei der hochbegabte
Wirtschaftswissenschaftler, Massenmörder und SS-Gruppenführer Dr.
Otto Ohlendorf ein, der zugleich RSHA-Amtsleiter für den
Inlandsnachrichtendienst und stellvertretender Staatssekretär im
Reichswirtschaftsministerium war.
Der ehemalige Leiter des Stadtarchivs in Dortmund, Prof. Gustav
Luntowski, schrieb über jene Zeit: Das Reichssicherheitshauptamt
wurde am Ende des Krieges "zur Zentrale für alle
Überlegungen, wie das Regime - mit oder auch ohne Hitler -
überleben könnte." Für die Industrie und in Zusammenarbeit
mit dem Reichssicherheitshauptamt wurde vor allem Ludwig Erhard mit
der Umstellung der Wirtschaft auf die Nachkriegszeit betraut. (siehe
Luntowski "Hitler und die Herren an der Ruhr", Frankfurt
am Main 2000)
Nach dem Krieg schrieb Erhard, er habe damals den Auftrag
bekommen, Material "über die Lösung der durch die
Zwangswirtschaft und den Krieg" entstandenen Probleme der
Staatsfinanzen und der Währung "zu sammeln, niederzuschreiben
und in eine Form zu bringen, die am Tag X griffbereit zur Verfügung
stehen sollte". Rudolf Stahl vom Salzdetfurth-Konzern war
Stellvertreter Krupps in der Leitung der Reichsgruppe Industrie, der
eng mit Ohlendorf zusammenarbeitete. Stahl ließ noch nach dem
Attentat vom 20. Juli wissen, dass die Erhard-Denkschriften "im
Rahmen gewisser streng vertraulicher Vorarbeiten zu einzelnen
Problemen des späteren Friedensaufbaus" im Einvernehmen mit
dem Reichswirtschaftsministerium ausgearbeitet und "in einem
ganz kleinen Kreis vorberaten" worden seien. Mit von der
Partie: Ohlendorf. Erhard schlug vor, "die Tätigkeit dieser
marktregelnden Verbände (der Kartelle) in der kommenden
Friedenswirtschaft auf eine neue, sichere Grundlage zu
stellen".
Es wurde nach dem Motto verfahren: Wer sich nicht gegen die Nazis
stellt und nicht gegen die Macht der alten wirtschaftlichen Eliten,
der durfte mit der SS sogar über ein Nachkriegsdeutschland, das den
Krieg verloren hat, reden. Hier wurden offenkundig auch
Personalentscheidungen vorbereitet. Die damaligen Kontakte haben
Erhard jedenfalls bei seiner Nachkriegskarriere nicht geschadet, die
ihn ins Wirtschaftsministerium und ins Bundeskanzleramt führte.
Und mit Massenmörder Ohlendorf hatten vermutlich gewisse
deutsche Kreise auch noch ihre Pläne. Die Begabung des SD-Mannes
wurde erkannt, der schließlich doch noch über seine
Einsatzgruppenzeit, die nur kurz dauerte, aber 90.000 Juden das
Leben kostete, gestolpert ist. Als Ohlendorf hingerichtet wurde,
protestierte namens der Bundesregierung ihr Vizekanzler Blücher
(FDP) ausdrücklich bei den USA. Andere Einsatzgruppenleiter und
Massenmörder waren begnadigt worden, doch Ohlendorf hatte einen
Fehler gemacht: Er hatte die Wehrmacht mit seinen Aussagen belastet.
Man verzieh ihm nicht, dass er die "saubere" Wehrmacht,
deren Kader für die Wiederaufrüstung benötigt wurden, für die
Massenvernichtung der Juden und Slawen mitverantwortlich machte.
Personalentscheidungen ganz anderer Art, die aber auch mit den
faschistischen Nachkriegsplänen zu tun hatten, wurden in den
Monaten von Herbst 1944 bis Frühjahr 1945 getroffen.. Es begann mit
dem Mord am Vorsitzenden der KPD, Ernst Thälmann. Danach, ab August
1944, kam die dem 20.-Juli-Attentat folgenden Verhaftungsaktion
"Gitter", Sie hatte die Ermordung prominenter Nazigegner
und all jener zum Ziel, die in einem demokratischen
Nachkriegsdeutschland eine Rolle spielen könnten. Diese
Mordaktionen von SS, Justiz und Polizei eskalierten zu den
Massenmorden an Häftlingen, die sich in der Hand von Justiz und
Gestapo, in Lagern und auf deren Evakuierung befanden.
Gegen Jahresende 1944 erläuterte SS-Gruppenführer Heinrich
Müller, Chef der Gestapo, gegenüber Freya von Moltke, der Witwe
eines ermordeten Widerstandskämpfers, die Absicht, die das Regime
mit den Morden verfolgte: "Wir werden nicht den gleichen Fehler
machen, der 1918 begangen wurde. Wir werden unsere innerdeutschen
Feinde nicht am Leben lassen." Die Gestapo-Mörder von
Dortmund-Hörde brachten es in Verhören auf den Punkt: Wir werden
uns von den Kommunisten nicht an die Wand stellen lassen. Sie gingen
davon aus. dass sie selber auch angesichts ihrer letzten großen
Verbrechen ungeschoren davon kommen würden. Und sie behielten ja
auch Recht, wenn man sich die Urteile im Rombergpark-Prozess und die
übrige Justizpraxis ansieht.
Am 5. März 1945, kurz vor Beginn der Mordserie, vertraute der
oberste Chef der SS Heinrich Himmler seinem Arzt an: "Wenn das
nationalsozialistische Deutschland zugrunde gehen soll, dann sollen
unsere Feinde, die Verräter am großgermanischen Gedanken, die
jetzt in den Konzentrationslagern sitzen, nicht den Triumph erleben,
als Sieger herauszugehen. Sie werden diesen Tag nicht erleben. Sie
werden mit uns verrecken. Das ist der klare und logische Befehl des
Führers, und ich werde dafür sorgen, dass er genauestens und
gründlich ausgeführt wird."
So wurde mit den kleinen Leuten und ihren Vertretern verfahren.
Für die eigenen Leute wie Abs, Erhard, Globke, Kiesinger, Westrick
und andere gab es natürlich ganz andere Pläne. Ralph Giordano hat
in seinem Buch "Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte"
1989 über die Erhard'schen Denkschriften für die Industrie und das
Reichssicherheitshauptamt geschrieben:
"Aus dieser Schrift und ähnlichen Plänen ist ganz klar
eine Hauptfurcht der großen Eigentümer und Manager gegen Ende des
Zweiten Weltkrieges zu erkennen: die Furcht vor der Phase der
Demobilisierung, vor der Risikozone, der gefürchteten Phase der
Revolution! Den Herren steckte noch der Schrecken von 1918/19 in den
Knochen, als es einen winzigen Augenblick so schien, als würden die
ausgebeuteten und vier Jahre lang auf den Schlachtfeldern
geschundenen Millionen aus ihrem dumpfen Gehorsam erwachen. Als
würden sie ihrer bisher unerschöpflichen Leidensfähigkeit ein
Ende bereiten, sich gegen ihre wahren Feinde im Rücken erheben und
ihnen die Macht aus den Händen schlagen, um sie selbst zu
übernehmen. Das erwies sich nun, 25 Jahre später, in den
einschlägigen Kreisen als völlig unvergessen. Deshalb gingen alle
Überlegungen in die eine Richtung: wie ohne nachhaltige
Erschütterung der sozialen und gesellschaftlichen Strukturen der
Anschluss gefunden werden könnte (wobei in den großen
Unternehmerorganisationen noch bis Anfang 1945 davon ausgegangen
wurde, dass das Reich die Niederlage in festen Grenzen und mit einer
eigenen, ‚hitlerlosen' Regierung überstehen würde). … In den
Nachkriegsplänen der deutschen Niederlage finden wir nichts, was
auf freie Gewerkschaften, Freizügigkeit der Arbeitnehmer oder
Tarifautonomie schließen ließe. Wo immer der Begriff
Wirtschaftsfreiheit auftaucht, ist mit ihm die Freiheit des
Unternehmers gemeint, nicht die des Arbeitnehmers... Die Kreise, die
sich jetzt intensiv an der Nachkriegsplanung beteiligten, nachdem
die Weltgeschichte einen ganz anderen als den von ihnen vorgesehenen
und erwünschten Verlauf genommen hatte, waren dieselben, die 1932
die Voraussetzungen für den Sieg der Nazipartei geschaffen
hatten...
Man muss hier einmal einen Augenblick innehalten, um sich
bewusst zu werden, was da vorgeht. Nicht mehr und nicht weniger
nämlich als eine Art Ausverkauf des Dritten Reiches durch die
Spitzen der deutschen Wirtschaft mittels Auslandsverflechtungen
großen Stils. Parallel damit laufen die wirtschaftspolitischen
Planspiele Ludwig Erhards und der Reichsgruppe Industrie, um auch
die binnenländischen Voraussetzungen für die Kontinuität der
alten Eigentumsverhältnisse nach der deutschen Niederlage zu
schaffen.
Der Zynismus derer, die vor noch gar nicht langer Zeit in den
orgiastischen Vorstellungen der 'Neuordnung der Sieger' geschwelgt
hatten, geht aber noch einen Schritt weiter. Denn zur selben Zeit,
da sie ihre Nachkriegsplanungen ohne Hitler und Hakenkreuz
entwerfen, in derselben Stunde, da sie all ihre bisherigen
Ergebenheits- und Solidaradressen gegenüber dem Regime über Bord
werfen - zur selben Zeit halten sie mit allen Kräften die
Rüstungsmaschinerie auf Hochtouren! Die gewohnheitsmäßigen
Profiteure von A (wie Abs) bis Z (wie Zangen) wollen beides: die
Gewinne von heute und die Gewinne von morgen. In ihren Handlungen
und ihren Schriften fehlt jedes Wort, das auch nur von fern wirken
könnte wie eine Konsequenz aus ihrer Teilhabe an dem größten
Verbrecherstaat, den es je gegeben hat."
Soweit Ralph Giordano. (…)
Albert Vögler und sein
"Asphaltierwerk II"
Der Generaldirektor und spätere Aufsichtsratsvorsitzende der
Vereinigten Stahlwerke war der Dortmunder Albert Vögler. Obwohl sie
sich nicht persönlich kannten, standen Vögler und die Gefangenen
an der Benninghofer und der Hermann-Straße in einer gewissen
Beziehung zueinander. Vögler war hier allmächtig und die
Gefangenen waren ihm und der Gestapo ausgeliefert.
Schon lange vor 1933 hatte Albert Vögler engste Verbindung zur
Nazipartei hergestellt und sein Verbindungsmann zur Nazipartei war
kein anderer als der Hitler'sche Reichsbankpräsident und
Reichswirtschaftsminister Walther Funk. Im Juni 1945 erklärte
dieser Naziminister im Verhör amerikanischen Offizieren unter
anderem folgendes:
Frage: "Wer forderte Sie auf, Verbindungsmann zu
werden?"
Funk: "Ein großer Industriellenzirkel, hauptsächlich Leute
vom Bergbau und besonders eine gewisse Organisation, der
Bergbauverein."
Frage: "Nennen Sie die Namen der Leute, von denen die
Aufforderung ausging!"
Funk: "Albert Vögler, Vereinigte Stahlwerke, Knepper vom
Gelsenkirchener Bergwerksverein."
Nach Knepper war ein Kraftwerk in Dortmund-Mengede benannt, und
auch Albert Vögler war in Dortmund ein bekannter Mann. Er war
berüchtigt für seinen rücksichtslosen "Herr im
Hause"-Standpunkt, seine unversöhnliche Feindschaft gegenüber
den sozialen Forderungen seiner "Gefolgschaftsmitglieder",
wie die Nazis die Belegschaften nannten. Während der Ruhrbesetzung
1923 durch französische Truppen hatte Vögler als erster
Industrieller mit den Vertretern des französischen Kapitals ein
"kleines Besatzungsstatut", die sogenannten
Miecum-Verträge, unterzeichnet. Er hatte sich also mit der
Besatzungsmacht arrangiert. 1924 ging Vögler zur Offensive über
und forderte rundweg die Abschaffung des Achtstundentages, den sich
die Arbeiterschaft nach 1918 erkämpft hatte. Auf einer
Industrieellentagung lancierte er das Stichwort zum Angriff gegen
die Rechte der Werktätigen: Nur mehr Arbeit kann uns retten!
1928 wurden Vögler und der Hoesch-Manager Springorum jun.
Mitglieder des neugegründeten "Bundes zur Erneuerung des
Reiches", der einen zentralistischen deutschen Einheitsstaat
erstrebte und nach außen "die verlorenen Gebiete
wiederzugewinnen" trachtete. Wörtlich schrieben die beiden
Dortmunder Industriebosse: "Überall im deutschen Volk muss der
Wille aufflammen zur Überwindung von Streit und Vielregiererei. Das
Dritte Reich gilt es zu zimmern, das die ganze Nation in gesunder
Gliederung zusammenschließt." Auch in die Harzburger Front,
ein Bündnis aus rechten und nazistischen Organisationen, reihten
sich Vögler und Springorum schon 1931 ein.
Am 28. Januar 1932 berieten sich Vertreter von Vögler und andere
Industrielle wie Thyssen, Henkel, Haniel und Poensgen im
Düsseldorfer Industrieclub mit Hitler und Göring über die
Schaffung einer künftigen NSDAP-Regierung. Im November 1932
gehörten Vögler und Springorum zu jenen Industriellen und
Bankiers, welche die Eingaben an den Reichspräsidenten Hindenburg
unterstützten, er solle Hitler zum Reichskanzler machen. Anfang
Januar 1933 traf Vögler in dem exklusiven Industriellenverein
"Ruhrlade" in Dortmund den weit rechts stehenden
Zentrums-Politiker und Förderer Hitlers, Franz von Papen. Der kam
aus Köln, wo die letzten Weichen für Hitlers Machtantritt gestellt
wurden. Vögler stimmte dem zu.
In der Nazizeit wurde Vögler Mitglied des Rüstungsrates beim
Ministerium für Bewaffnung und Munition und hatte hervorragenden
Anteil an der wirtschaftlichen und technischen Vorbereitung und
Durchführung des zweiten Weltkrieges. Hitler machte ihn zum
Staatsrat und NSDAP-Reichstagsabgeordneten.
Der Herr Staatsrat war ein Verächter der kleinen Leute wie jene
in den Kellern der Gestapo. Sie waren Opfer der Nazis wie auch der
Manager, wie Vögler einer war.
Hitlers "Sozialismus" und sein Krieg ermöglichten es
Vögler und den riesigen Konzernen, auf Kosten der
Arbeitnehmerschaft ihre Profite ins Unermessliche zu steigern und
die mittleren und kleinen Kapitalien zu schlucken. Bereits in den
drei Jahren von 1934 bis 1937 verdoppelte sich der Rohgewinn des
"Stahlvereins" auf 257 Mio. Reichsmark. Hitler, der
"Gefreite des ersten Weltkrieges", legte seinen
großkapitalistischen Partnern fast ganz Europa als
"Lebensraum" zu Füßen. Aus allen besetzten Gebieten
wurden Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt und als billigste
und völlig rechtlose Sklaven in die deutsche Kriegswirtschaft
gesteckt. Eine Art erster gemeinsamer europäischer Markt war
verwirklicht: Arbeitskräfte aus allen Teilen Europas konnten dort
eingesetzt werden, wo der "jeweilige Bedarf" es
erforderte. Eine ähnliche Formulierung findet sich im
Kartellabkommen für Stahl und Roheisen vom l. November 1924 im
Paragraph 1 Absatz B: "Anpassung der Rohstahlerzeugung der
Gesellschaft an den jeweiligen Bedarf."
Dem ungeheuren Bedarf an Kriegsmaterial wurden alle Betriebe in
Deutschland angepasst, auch der Dortmund-Hörder Hüttenverein. Das
Werk mit der größten Walzstraße Europas, der 5-m-Straße, baute
einen neuen Betrieb, in dem die ausgewalzten Panzerplatten
verarbeitet wurden, das "Asphaltierwerk II". Dies war der
Tarnname für die Panzerwerkstatt Albert Vöglers in dem
Dortmund-Hörder Verein, dem später so genannten Werk Phoenix der
Hoesch Stahl-AG.
Rüstungsproduktionen wie diese brachten Vögler, Springorum und
anderen Herren gewaltige Profite ein. Aber auch in den ganz neuen
Rüstungstechnologien war Vögler führend. Zu seinen vielen
"Ehrenämtern" gehörte das des Präsidenten der
Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, der Vorläuferin der heutigen
Max-Planck-Gesellschaft. In dieser Eigenschaft nahm Vögler an der
Seite der "Forscher" am 4. Juni 1942 an der entscheidenden
Geheimsitzung der Uran-Gemeinschaft teil, auf der der Bau der
deutschen Atombombe geplant wurde. (…)
Wer war Albert Hoffmann?
Albert Hoffmann wird am 24. Oktober 1907 in Bremen als Sohn des
Gastwirts Albert Hoffmann und seiner Ehefrau Katharine geb. Seekamp
geboren. Er erlernt den Beruf des Rohtabak-Kaufmanns, ist lange
arbeitslos. 1925 gehört er der "Nationalsozialistischen
Arbeiterjugend" an und ist nach eigenem Bekunden (1934 ff.)
auch Mitbegründer der SA sowie der NSDAP-Ortsgruppe in Bremen. Der
Eintritt in die NSDAP erfolgt nach Parteiunterlagen offiziell am 27.
Juli 1926. Unmittelbar nach der nationalsozialistischen
Machtübernahme beginnt seine in kurzer Zeit steil nach oben
führende Parteikarriere. Am 1. August 1934 wird Hoffmann als
besoldeter Politischer Leiter in den Stab des Stellvertreters des
Führers, Rudolf Hess, in das "Braune Haus" nach München
berufen.
Vom 1. September bis 25. November 1939 nimmt Hoffmann als
Unteroffizier in einer Kradschützen-Schwadron der 1.
Gebirgsjägerdivision (Generalmajor Ludwig Kübler) u.a. bei den
Kämpfen im Raum Lemberg am sog. Polenfeldzug teil, den er als
Wachtmeister und mit der Auszeichnung des Eisernen Kreuzes 2. Klasse
beendet. Die Gebirgsjäger begehen in Lemberg gemeinsam mit
ukrainischen Faschisten den Massenmord an 7.000 Juden. Am 10.
Februar 1941 wird Hoffmann von Hitler zum Stellvertretenden
Gauleiter im neu gebildeten Gau Oberschlesien vorgesehen und am 20.
April ernannt. Hoffmann ist dort gleichzeitig auch als
hauptamtlicher Gauwirtschaftsberater sowie als Leiter des
DAF-Gauamts tätig. Er besucht einige Male das Konzentrations- und
Vernichtungslager Auschwitz, bisweilen in Begleitung von Himmler. Ab
Juni darf der den Titel "Mitglied des Reichstages" tragen.
Mit Wirkung vom 10. Februar 1943 wird Hoffmann von Hitler als
geschäftsführender Stellvertreter des Gauleiters von
Westfalen-Süd eingesetzt. Zwei Monate später, am 16. April 1943,
erfolgt seine Bestätigung als Reichsverteidigungskommissar; mit
Wirkung vom 19. Juni 1943 wird er durch Hitler in den Dienstrang
eines Gauleiters erhoben. Gleichzeitig befördert der
Reichsführer-SS den neuen Gauleiter zum SS-Brigadeführer. In den
letzten Kriegswochen arbeiten der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe
B im "Ruhrkessel", Feldmarschall Walter Model, und der
Rüstungsindustrielle Walter Rohland als Leiter des
"Ruhrstabs" mit Hoffmann zusammen, der als federführender
Reichsverteidigungskommissar West bezeichnet wird. Albert Hoffmann
bleibt bis Kriegsende zumindest nach außen ein Verfechter des
Führerstaats, gewissenhafter Befehlsempfänger der Partei-Kanzlei
sowie ein "treuer Gefolgsmann" Hitlers. Im Zusammenhang
mit Hitlers "Nero-Befehl" im März 1945 gelang es
Rüstungsminister Albert Speer nach eigenen Aussagen dennoch,
Hoffmann zu einer Einstellung bzw. Abschwächung der auch in seinem
Gau vorbereiteten, von Hitler befohlenen Zerstörungsmaßnahmen zu
bewegen. Trotzdem lässt Hoffmann beim Herannahen der US-Truppen
zahlreiche Brücken und andere Bauwerke innerhalb seines
Einflussgebiets rücksichtslos sprengen.
Im Allgemeinen galt in jenen Tagen: Gegen die deutschen und
ausländischen Aktiven der Arbeiterbewegung handelten Wirtschaft und
Nazis gemeinsam. Differenzen gab es in der Frage, ob die
ökonomischen Werte dem Feind in die Hände fallen sollten.
Einflussreiche Industrielle, Mitglieder des Freundeskreises der SS,
erreichten die Rücknahme von Hitlers Nero-Befehl. Dieser Befehl vom
19. März 1945 sah die Zerstörung aller Industriebetriebe, Vorräte
und Verkehrswege vor. Nichts von Wert sollte dem Feind in die Hände
fallen. Industrielle wirkten über den Rüstungsminister Albert
Speer auf Hitler ein, um einen neuen "Führerbefehl" zu
erreichen.
Joachim Fest, Hitlers Biograph (und Beschöniger), hat auch eine
Biographie von Albert Speer verfasst. In einer Lesung schilderte
Fest die entscheidende Begegnung Speers mit Hitler so: "April
1945 in der Reichskanzlei. Speer, Architekt und Rüstungsminister,
war längst geflohen. Er kehrt noch einmal in die Hauptstadt
zurück, obwohl die Alliierten Berlin fast eingenommen hatten und
der Minister gegen zahlreiche Anordnungen Hitlers verstoßen hatte.
Mit belegter Stimme habe Speer dem Führer seine
Befehlsverweigerungen gestanden. Hitler behielt nur mühsam die
Fassung." (WAZ, 29. 1. 2000) Aber Hitler hörte schließlich
auf Speer und seine industriellen Hintermänner!
Über Gauleiter Albert Hoffmann wurde nach dem Krieg bekannt, er
habe den Nero-Befehl Hitlers auch in Deutschland bedingungslos
ausführen wollen. Das Industriegebiet, so die ursprüngliche
Weisung aus dem Führerbunker in Berlin, sei dem Feind nur zerstört
zu hinterlassen. Gauleiter Hoffmann entschied sich, das Problem
"Zwangsarbeiter"" zusammen mit dem Befehl
""Verbrannte Erde" zu lösen. Am 26. März 1945
befahl er, 23.000 ausländische Zwangsarbeiter und 7.000
Kriegsgefangene im Bereich der Polizeibehörde Dortmund in
verschiedene Zechen zu bringen und die Stollen zu fluten. (Siehe
WAZ/WR Dortmund 12.4.01) Mehrere Polizeibeamte und der Direktor der
Gelsenkirchener Bergwerks-AG, Haake, hielten sich später zugute,
den Befehl des Gauleiters nicht ausgeführt zu haben. Diese
"Befehlsverweigerung" kann aber auch ihre Ursache darin
gehabt haben, dass die Industrie ohnehin Hitlers Nero-Befehl, der
die Zerstörung ihrer Produktionsstätten vorsah, ablehnte und - wie
oben geschildert - über Rüstungsminister Speer eine Rücknahme des
Befehls durchsetzte.
Während die Massenexekutionen an den Arbeiterfunktionären noch
anhielten, erreichten Generalfeldmarschall Walter Model am 5. April
1945 Anweisungen über die "Aufrechterhaltung der
Industrie" an der Ruhr. Das war das Ende des Nero-Befehls - und
es ist wie einst im Frühjahr 1933: Die Nazis vernichten die
Funktionäre der Arbeiterbewegung und erhalten den Segen der
Industrie.
Am Abend des 10. April 1945 wurde die verbunkerte
Gaubefehlsstelle auf dem Harkortberg bei Wetter/Ruhr aufgegeben und
geräumt. Hoffmann hatte schon vorher im Hotel Dresel in
Hagen-Rummenohl eine provisorische Gaubefehlsstelle bezogen. Ganz in
der Nähe des Hotels, in dem nur wenige hundert Meter entfernten
Lager Sterbeckerhammer, waren am 5. April die 126 Montenegriner
festgenommen worden. Vermutlich waren sie zu einer Gefahr für die
Herren im Hotel geworden. Immerhin hatten sich dort Albert Speer und
Albert Hoffmann getroffen, wie Speer in seinen Erinnerungen
schreibt.
Am 13. April 1945 löst Hoffmann die NSDAP und den Volkssturm in
seinem Gaugebiet auf. Das geschieht auf der letzten improvisierten
Kreisleiterkonferenz im Gau Westfalen-Süd, die in seinem
improvisierten "Befehlsstand" Hasslinghausen bei
Gevelsberg stattfindet. Die Hitlerjugend hat er zuvor zum
"Werwolf" umgebaut. Nun führt er als einziger - und einer
Anweisung Bormanns folgend, wie in aufgefundenen Dokumenten aus dem
Führerhauptquartier berichtet wird - die NSDAP in den Untergrund.
Die Parteikasse nimmt er mit.
Hoffmann wird nach dem Krieg diese Maßnahmen der
NSDAP-Auflösung als "Widerstandsakt" gegen SS, Partei und
Hitler darzustellen suchen. Schon etwa zwei Tage vor diesem Ereignis
hatten sich beim Herannahen der amerikanischen Einheiten die
Mitarbeiter des behelfsmäßigen Gaustabs für Westfalen-Süd in
Rummenohl getrennt und in Zivilkleidung und mit falschen Papieren
die Flucht ergriffen. Hoffmann versteckte sich bei der Besetzung
seines übrig gebliebenen Gaugebiets durch US-Truppen zunächst für
rund zwei Wochen im Umkreis von Schwelm.
Am 3. Mai 1945 tauchte er unerwartet in Altena auf, wo sich seit
Sommer 1943 im idyllisch gelegenen Dickenhagen der
"bombensichere" Wohnsitz seiner Familie (Ehefrau Gretel,
Sohn Bolko) befand. Zwei Schussverletzungen an der rechten Hand, die
er zwei Tage zuvor bei einer Auseinandersetzung mit
"plündernden Russen" erlitten hatte (dabei wurde sein
Gaustabsleiter H. Strube getötet), ließ er im Städtischen
Krankenhaus in Altena behandeln. Nach dem 5. Mai 1945 hielt sich
Hoffmann zeitweise in den Waldungen im Umfeld seines früheren
Wohnsitzes, möglicherweise in vorbereiteten Verstecken, verborgen.
Der Hoffmann behandelnde Arzt hatte der Alliierten Militärregierung
und der örtlichen Besatzungskommandantur Meldung gemacht, aber die
im Raum Altena sofort durchgeführten Fahndungsmaßnahmen blieben
erfolglos.
Gegen Ende Mai 1945 setzte er sich nach Minden ab - zu seiner
Frau, Dr. phil. Gretel Hoffmann, geb. Sommer, die schon einen Monat
zuvor aus Altena "abgereist" war. Erst am 4. Oktober 1945
wurde Albert Hoffmann als "Landarbeiter" von der
britischen Militärregierung in Marienau bei Hameln aufgegriffen und
zunächst in Iserlohn inhaftiert und vernommen. Er wurde
anschließend im Camp Recklinghausen interniert.
Die britische Militärregierung unterstellte ihn im Frühjahr
1946 der amerikanischen Verfügungs- und Vollzugsgewalt. Für
mehrere Monate war Hoffmann neben dem Hamburger Gauleiter Karl
Kaufmann und dem Gauleiter von Schwaben, Karl Wahl, 1946 als Zeuge
u.a. im Verfahren gegen das NS-Führerkorps und die NSDAP beim
Internationalen Militärtribunal gegen die Hauptkriegsverbrecher
sowie als potentieller Angeklagter im Gerichtsgefängnis von
Nürnberg inhaftiert. Dort spielte besonders Hoffmanns
"Fliegerbefehl" vom 25. Februar 1945 eine wichtige Rolle
bei der Bewertung der zahlreichen Lynchmorde an alliierten
Militärangehörigen sowie bei der Rekonstruktion der
Befehlsstrukturen und Verantwortlichkeiten. Aber auch Zeugenaussagen
im Zusammenhang mit der NS-Kirchenpolitik, der Euthanasie sowie
über den SD, dem er angehört hatte, kamen in Nürnberg an
verschiedenen Verhandlungstagen zur Sprache. In zwei britischen
Militärstrafprozessen wurde gegen Hoffmann in Recklinghausen
(Oktober 1946) und Hamburg (Dezember 1948) im Zusammenhang mit dem
"Fliegerbefehl" sowie der Ermordung von ausländischen
Zwangsarbeitern und Staatsangehörigen verhandelt. In diesen
Verfahren konnte Hoffmann eine Verantwortung nicht zweifelsfrei
nachgewiesen werden, so dass er "mangels Beweisen"
freigesprochen wurde.
Nach der Internierung durch die alliierte Militärregierung
erhielt er im Spruchkammerverfahren im Dezember 1948 in
Benefeld-Bomlitz bei Walsrode eine Gesamtstrafe von vier Jahren und
neun Monaten, die er - nach Anrechnung der Internierungszeit sowie
Berücksichtigung einer Begnadigung durch den niedersächsischen
Ministerpräsidenten - bis April 1950 im Strafgefängnis Esterwegen
verbrachte. Von weiteren Strafverfahren blieb Hoffmann indessen
verschont, obschon er als Zeuge in verschiedenen Prozessen, so im
Rombergparkprozess und im Mordprozess gegen Gestapo-Angehörige in
Hagen 1952, auftrat und seine Position als Gauleiter und
Reichsverteidigungskommissar z.B. bei den Mordaktionen in der
Endphase des Kriegs mehr als nur eine Frage aufwirft. Von der
bundesdeutschen Justiz dennoch unbehelligt lebte er bis zu seinem
Tod am 26. August 1972 in Heiligenrode bei Bremen als erfolgreicher
Unternehmer, zuletzt als Generaldirektor der Bremer Firma "Basalan".
Eine große Summe Geldes, das Hoffmann als Gauleiter
zusammengespart haben wollte, erbte sein Sohn Bolko, der sofort nach
dem Tod des Vaters eine Karriere als schwerreicher Rechtsextremist
begann. Bolko Hoffmann (gestorben 2007) ist mit Anzeigenkampagnen
gegen den Euro und den "Ausverkauf Deutschlands"
hervorgetreten. Seine Wahlkampagnen als rechtsextremer Vorsitzender
von Kleinstparteien, aber auch als Förderer der
"Republikaner" ließ er von der familieneigenen
Werbeagentur "Thersal" managen.
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