20.05.2011
Erfreuliche Einladung, aber falscher Ort
Erinnerung an den 28. Januar
1932 im Düsseldorfer Industrieclub
Am 28. Januar 1932 berieten sich Vertreter von Vögler und andere
Industrielle wie Thyssen, Henkel, Haniel und Poensgen im
Düsseldorfer Industrieclub mit Hitler und Göring über die
Schaffung einer künftigen NSDAP-Regierung. Im November 1932
gehörten dieselben Kreise zu jenen Industriellen und Bankiers,
welche die Eingaben an den Reichspräsidenten Hindenburg
unterstützten, er solle Hitler zum Reichskanzler machen.
Ausgerechnet im Industrieclub fand nun eine Veranstaltung statt,
deren Redner Düsseldorfer Antifaschisten begrüßten, während sie
den Austragungsort problematisierten. In einem Flugblatt hieß es:
Erfreuliche Einladung,
aber falscher Ort
Sehr geehrter Kamerad Stephane Hessel,
als älteste und größte deutsche Organisation von Verfolgten
und Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern gegen den
Faschismus, in deren Reihen auch viele an Ihrer Seite in der
Resistance gekämpft haben, freuen wir uns sehr, dass Sie zu einem
Vortrag nach Düsseldorf kommen.
Mit großem Interesse haben wir Ihre Broschüre „Empört Euch“
gelesen, die auch in unserem Land große Verbreitung und Zustimmung
gefunden hat. Empört hat uns allerdings, dass als Veranstaltungsort
ausgerechnet von den Veranstaltern der „Industrieclub Düsseldorf“
ausgewählt worden ist. Ob dies eine bewußte Entscheidung gewesen
ist oder nicht mögen wir nicht beurteilen.
Tatsache ist, dass von allen Antifaschistinnen und Antifaschisten
und politisch bewußten Düsseldorferinnen und Düsseldorfern der
„Industrieclub“ als der denkbar ungeeignete Ort für diese
Veranstaltung betrachtet wird.
Nur kurz zur Erinnerung:
Der Chef des Henkel-Konzerns Hugo Henkel trat am 1. Mai 1933 der
NSDAP bei.
Sein Sohn Jost Henkel lud zum 26. Januar 1932 Adolf Hitler zu
einem Vortrag vor Spitzenvertretern von Industrie und Banken in den
Industrieclub Düsseldorf ein. Hitler legte dort seine
Welteroberungspläne und seine Pläne zur Zerschlagung der
Arbeiterbewegung, Gewerkschaften und linken politischen Parteien
dar, die laut Düsseldorfer Presse mit langanhaltendem Dauerbeifall
begrüßt wurden. Danach flossen die Millionen von Industrie und
Banken in die Kriegskassen der Faschisten.
Vor diesem Hintergrund halten wir es für eine Instinktlosigkeit,
Sie als ehemaligen Resistance-Kämpfer und KZ- Insassen in den
Industrieclub einzuladen.
Gleichzeitig wurde zusätzlich noch bekannt, dass der ehemalige
stellvertretende Vorsitzende der Republikaner, Dr. Björn Clemens
damit wirbt, Mitglied in der einladenden Heinrich-Heine-Gesellschaft
zu sein.
Das Verbot, den Holocaust zu leugnen, nennt Clemens „Gesinnungsjustiz“.
Wir haben uns erlaubt, im Vorfeld der Veranstaltung einen Brief
an Sie über Ihren Pariser Verlag zu schicken, in dem wir auf diese
Fakten hingewiesen haben und gehofft, dass Sie sich für einen
anderen Veranstaltungsort stark machen. Leider wissen wir nicht, ob
Sie dieser Brief erreicht hat.
Wenn es bei dem Ort bleibt erlauben wir uns, diesen offenen Brief
als Flugblatt vor dem Industrieclub zu verteilen. Gleichzeit bitten
wir Sie, die hier geschilderte Problematik in Ihrem Vortrag zu
berücksichtigen.
Viel Glück für Ihren Besuch in Düsseldorf.
Mit herzlichen antifaschistischen Grüßen
VVN-BdA Kreisverband Düsseldorf
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