Heartfield: "Millionen stehen hinter Hitler"

Rallye „Spurensuche Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945“

Ein Projekt der VVN/BdA NRW

 

12.08.2011

Die Krupps sind keine Vorbilder

Ein Text über die unzureichende Aufarbeitung der Geschichte

Bei der Aufarbeitung "unserer" Vergangenheit vermisst man die sprichwörtlich deutsche Gründlichkeit. Ob Regierung, Ministerien, Parlament, Justiz oder Massenmedien, die Alleinschuld schiebt man gerne auf Hitler und seine Helfershelfer in Nazikreisen. Die Drahtzieher der Industrie und der Finanzwelt im Hintergrund werden geschont, so dass man eher von einer Gründlichkeit des Vertuschens reden kann. Verständlich, da an der Macht dieser Klasse im Westen Deutschlands kaum gerüttelt wurde. In Guido Knopps „Die Deutschen im 20. Jahrhundert“ wird man vergeblich die Begriffe „Krupp“, „Thyssen“, „Flick“ und „IG Farben“ im Register suchen. Hierzu ein Nachtrag von Walter Hilbig.

Hitler war kein Zufall der Geschichte. Er kam auch nicht aus dem Gully, wie das einmal der Chefredakteur einer westdeutschen Zeitung schrieb. Die Hitler-Diktatur, wenn der Begriff seine Berechtigung haben sollte, war die Einheitsfront aus Großkapital, Militarismus und Nazipartei zur Zerschlagung der organisierten Arbeiterbewegung und zur Ausplünderung anderer Völker. Nicht erst seit 1933 interessierten sich große Konzerne für Hitler. Sie versprachen sich von seiner Nazipartei die Verwirklichung ihrer Pläne für eine Neuordnung Europas und lukrative Rüstungsgeschäfte. Die anfängliche Zurückhaltung einiger Industrieller bezog sich lediglich auf die mangelnde Kompetenz und Fähigkeit des Gefreiten des 1. Weltkrieges. Aber die Bedenken waren schnell zerstreut.

Unzureichende Aufarbeitung der Geschichte

Die Naziideologie enthält so gut wie keine konzeptionellen Gedanken, die nicht schon vorher in konservativen und deutschnationalen Ideologien der bürgerlichen Rechtsparteien enthalten gewesen wären. Rassismus, Antisemitismus, Antikommunismus gab es schon vorher. Mit Rosenbergs „Neuordnung des Ostraumes“ und Hitlers „Lebensraum im Osten“ sollte ein uralter Traum der Herrschenden in Deutschland verwirklicht werden. Dazu gehörte unbedingt die Vernichtung von Millionen „Untermenschen“ durch die „Herrenrasse“.

Die Krupps waren keine Demokraten

Ob Kaiser-Wilhelm-Monarchie oder Hitler-Diktatur, die Krupps waren Förderer und Nutznießer und mitverantwortlich am Massenmord zweier Weltkriege. Inzwischen sind vielen Deutschen die Begriffe „Holocaust“ und „Auschwitz“ vertraut. Aber Auschwitz war nur durch Krieg möglich, d. h. der Weg nach Auschwitz musste erst durch die Naziwehrmacht mit Kruppschen Waffen freigeschossen werden, damit der Großkonzern seine Zünder-Fabrik von Häftlingen bauen und mit „Vernichtung durch Arbeit“ bedienen konnte. Das „Personenlexikon zum Dritten Reich“ von Ernst Klee schreibt über die letzten Krupps:

Krupp von Bohlen und Halbach, Gustav, Wehrwirtschaftsführer, *7.8.1870 Den Haag als Sohn des badischen Ministerpräsidenten Halbach. Legationsrat. 1906 Heirat der Alleinerbin der Friedrich Krupp AG, Bertha Krupp, seitdem Träger des Namens Krupp. Ab 1909 Leiter des Unternehmens. Förderer der Rassenhygiene, der Kaiser-Wilhelm-Institute für Hirnforschung und für Psychiatrie. 1911 (bis 1937) Vizepräsident Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG), Senator KWG. 1931 (bis 1934) Vorsitzender des Reichsverbands der Deutschen Industrie. Mai 1933 Aufruf zur Adolf-Hitler-Spende der deutschen Wirtschaft (Weiß). 1934 in der Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht als Führer des Reichsstandes der Deutschen Industrie Mitunterzeichner eines Aufrufs (faks. Abdruck Poliakov, Diener): »Über dem Leben der Nation und seinen immer wechselnden Erscheinungsformen steht das Recht, das geboren aus Rasse und Seele des Volkes, ewige Bindung der Nation an die ihr eigenen Werte bedeutet« Im Generalrat der Wirtschaft (Führerlexikon). 1940 von der Deutschen Arbeitsfront als Nationalsozialistischer Musterbetrieb ausgezeichnet. Der Taschenbrockhaus: »Nach der nationalsozialistischen Revolution wurden die Kruppwerke wieder die Waffenschmiede des Reiches. In Würdigung seiner Verdienste um die wirtschaftlichen und sozialen Leistungen seines Betriebes und um die Rüstung der deutschen Wehrmacht wurde K. v. B. u. H. vom Führer zum 70. Geburtstag im August 1940 mit dem Goldenen Ehrenzeichen der NSDAP, dem Adlerschild des Deutschen Reiches [höchster Wissenschaftspreis] und dem Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet und als erster deutscher Betriebsführer zum Pionier der Arbeit ernannt.«, (Goebbels am 8. 8. 1940 im Tagebuch: »Eine reiche Ehrung. die er sich aber wohlverdient hat.« Angeklagt im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. wegen (tatsächlich) schwerer Erkrankung außer Verfolgung gesetzt. †16.1.1950 in seinem Jagdhaus in Blühnbach bei Salzburg.[Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945?, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2003 ISBN 3-10-039300-0]

und weiter

Krupp von Bohlen und Halbach, Alfried, Wehrwirtschaftsführer, * 13.8.1907 Villa Hügel bei Essen. Ältester Sohn von Gustav Krupp. 1931 Förderndes Mitglied SS. 1935 NS-Fliegerkorps, Standartenführer (Gall, S. 464). 1936 Vorstandsmitglied, 1938 Mitglied des Direktoriums, Leiter der Rüstungsabteilung, 1938 NSDAP. 1941 Mitbegründer der Reichsvereinigung Kohle (Weiß). 1942 in Speers Rüstungsrat und stellv. Vorsitzender der Reichsvereinigung Eisen. April 1943 Alleininhaber des Vorsitzes des Direktoriums. Dezember 1943 Alleininhaber des Krupp-Imperiums. Am 31.7.1948 im Krupp-Prozeß wegen Ausbeutung von Zwangsarbeitern sowie Plünderung von Wirtschaftsgütern in besetzten Gebieten zu 12 Jahren Haft verurteilt. Entlassung Landsberg 1. 2.1951 mit feierlicher Erklärung, nie wieder Waffen zu produzieren. Eidesstattliche Erklärung zum Prozess (zit. n. Poliakov, Juden): »Als ich über die antijüdische Politik der Nazis befragt wurde und was ich davon wüsste, sagte ich, dass ich nichts von der Ausrottung der Juden gewusst habe und weiterhin dass: ‚Wenn man ein gutes Pferd kauft, muss man ein paar Mängel hinnehmen‘« 1955 Firmenleitung, 1963 Senator MaxPlanck-Gesellschaft. †30.7.1967 Essen. Lit.: Gall. [Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945?, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2003 ISBN 3-10-039300-0]

Der gesamte Text hier als Download (pdf): 

http://essen.vvn-bda.de/common/download.php?/artikel/2011/20110117_1_die_krupps_sind_keine_vorbilder.pdf

Siehe auch:

Krupp - Die blutige Spur der Dynastie
Mit der vorliegenden Zusammenstellung in dieser Broschüre soll der Versuch unternommen werden, mit einigen Fakten den Mythos um Krupp zu entschleiern und die blutgetränkten „Spuren der Dynastie“, die sich nahtlos durch ihre Geschichte bis in die Gegenwart ziehen, zu verdeutlichen.
http://www.nrw.vvn-bda.de/bilder/krupp.pdf