26.02.2014 Thema:
Verbrechen der Wirtschaft an Rhein und Ruhr 1933-1945 Statement von Ulrich Sander
auf der Landeskonferenz der VVN-BdA NRW in Düsseldorf am
08.02.2014 Liebe Freundinnen und Freunde! Unsere
Organisation ist eine antifaschistische und antimilitaristische
Gemeinschaft kämpferischer und solidarischer Menschen. Wir
versuchen, das Erbe der antifaschistischen
Widerstandskämpferinnen und -kämpfer zu bewahren, und
die Solidarität mit den Opfern ist uns Verpflichtung. Immer
wieder müssen wir leider Lücken in unseren Reihen
füllen. Wir füllen aber auch Wissenslücken
in unserer Gesellschaft – und dazu zählt das, was
Ignaz Bubis einmal das Fehlen der Aufarbeitung der
NS-Täterschaft der Unternehmer im Lande nannte. Bubis war
selbst Unternehmer, und er deutete seine Initiative sicher nicht als
Antikapitalismus. Auch ich betone in Lesungen aus unserem Buch
„Von Arisierung bis Zwangsarbeit – Verbrechen der
Wirtschaft“ immer wieder: Der Kapitalismus muß
nicht zum Faschismus führen, aber bei uns ist es geschehen,
und es kann wieder geschehen, daher seien wir wachsam. Die
von dem damaligen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden entdeckte
Lücke in der Geschichtsarbeit versuchen wir zu
füllen. Leider sind wir derzeit wohl die einzigen, die dies
unternehmen. Dazu haben wir unser Buch herausgebracht und wir arbeiten
daran, aus dem Buch eine Ausstellung zu machen. So entsteht eine
Anklageschrift gegen einen Personenkreis, aus dem damals die
mächtigsten Förderer und Nutznießer von
Faschismus und Krieg hervorgingen. In vielen
Städten, unser Geschäftsbericht weist sie aus, haben
wir Mahntafeln an Stätten erwirkt, an denen Täter aus
den ökonomischen Eliten ihre Handlungen begingen. Die roten
Punkte auf unserer Karte werden immer zahlreicher. Aber es gibt noch
viel zu tun. Wir haben uns mit unserer Aktion nicht
viele Freunde gemacht, schrieb eine Tageszeitung über unsere
Rallye. Ja, auch manche Stadtobere sind unzufrieden
mit unseren Attacken gegen Unternehmer, deren Erben ja noch da sind und
die man nicht vergraulen will als Arbeitgeber und Investoren. Einen
solchen Opportunismus mißbilligen wir. Hier wird
Erinnerungspolitik mittels wirtschaftlicher Macht gemacht. Das
führt weit weg von der Demokratie. Bewegungen gegen
Bankenmacht und Industriellendiktat wie occupy haben die Losung
ausgegeben: „Ihr wollt Kapitalismus ohne Demokratie, wir
wollen Demokratie ohne Kapitalismus.“ Darüber mag
man streiten, aber eins ist klar: Ohne Demokratisierung aller
gesellschaftlichen Bereiche, ohne Wirtschaftsdemokratie wird es auf die
Dauer keine Demokratie mehr geben. Und ohne die
Einschränkung von Rüstungskonzernen und
Rüstungsexporten wird es keinen Frieden geben. Wir
haben diese Position in Aktionen bei Rheinmetall und auf dem
Kampfdrohnenstandort Kalkar/Uedem deutlich gemacht. Die Expansion der
Kriegswirtschaft weist gegenwärtig in die Richtung der
Entwicklung, Schaffung und Anwendung von Kampfdrohnen auch in
Deutschland. Dieser industriellen Kriegsführung
unvorstellbaren Ausmaßes stellen wir uns entgegen. So wie es
KZler in dem Stollen von Buchenwald-Dora getan haben, wo V1-Waffen der
Nazis gebaut wurden. Dies waren die unbemannten Flugobjekte jener Zeit,
wie die Kampfdrohnen auch heute genannt werden. In
unserem Geschäftsbericht zeigen wir auf, was im Rahmen unserer
Kampagne schon alles geschehen ist. Wir bitten Euch: Macht mit! Startet
in jedem Ort eine Aktion zum Thema! Bekämpft die
bösen Straßennamen! Fordert
Aufklärungstafeln. Fotografiert die Tatorte. Macht
antifaschistische Stadtrundgänge. So wie die
Namen von Zigtausenden Opfern durch Stolpersteine bekannt gemacht sind,
so sollten die Täter durch unsere Zeichen der Mahnung und
Erinnerung angeklagt und öffentlich gemacht werden. Schließlich
dient unsere Aktion auch der Lösung der nie enden wollenden
sozialen Aufgabe der VVN-BdA, der Entschädigung der Opfer,
heute vor allem der Überlebenden der Zwangsarbeit. Es gibt
noch immer viele Firmen, die sich an der Entschädigung nicht
beteiligt haben und noch immer vom damaligen Sklavensystem profitieren.
Auch sie klagen wir an. Wir sagen weiterhin: Entschädigt
die Opfer, bestraft die Täter.
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