12.05.2016
Die Bahn und ihre Tochterunternehmen stehlen sich aus der Verantwortung
In Bonn am Robert
Schumann Platz 1 sitzt das Bundesministerium für Verkehr, das
für einen geplanten Deal zu Lasten der NS-Opfer verantwortlich ist
Ein eigener Bericht von german foreighn policy besagt:
Die staatseigene Deutsche Bahn, der weltweit führende
Logistikkonzern, plant den Börsengang mehrerer Tochterunternehmen
und hofft Milliardenbeträge durch Privatisierung einzunehmen. Ein
entsprechender Aufsichtsratsbeschluss von Anfang Mai folgt Absprachen
mit dem deutschen Finanzministerium unter Minister Schäuble. Zu
den Verkaufsobjekten gehört der Bus- und Bahndienstleister Arriva,
der in 14 europäischen Ländern operiert und erhebliche
Gewinne abwirft, so in Großbritannien, in Dänemark, Schweden
und fast überall in Ost- und Südosteuropa. Auch DB Schenker,
mit rund 65.000 Mitarbeitern auf sämtlichen Kontinenten eine erste
Logistikadresse, steht zum Teilverkauf an der Börse bereit. Die in
Aussicht genommene Privatisierung von DB-Schenker wäre für
das Bundesfinanzministerium von doppeltem Nutzen: Neben den erhofften
Veräußerungsgewinnen ließen sich die NS-Schulden von
Schenker an den Börsen abladen: durch Aktienverkauf in Streubesitz.
Vor dem Erwerb von Schenker-Anteilen wird in einer
mehrsprachigen Expertise gewarnt. german-foreign-policy.com
veröffentlicht das Gutachten.
NS-Verbrechen in Streubesitz
09.05.2016
(Eigener Bericht) - Die staatseigene Deutsche Bahn, der
weltweit führende Logistikkonzern, plant den Börsengang
mehrerer Tochterunternehmen und hofft Milliardenbeträge durch
Privatisierung einzunehmen. Ein entsprechender Aufsichtsratsbeschluss
von Anfang Mai folgt Absprachen mit dem deutschen Finanzministerium
unter Minister Schäuble. Zu den Verkaufsobjekten gehört der
Bus- und Bahndienstleister Arriva, der in 14 europäischen
Ländern operiert und erhebliche Gewinne abwirft, so in
Großbritannien, in Dänemark, Schweden und fast überall
in Ost- und Südosteuropa. Auch DB Schenker, mit rund 65.000
Mitarbeitern auf sämtlichen Kontinenten eine erste
Logistikadresse, steht zum Teilverkauf an der Börse bereit. Die in
Aussicht genommene Privatisierung von DB-Schenker wäre für
das Bundesfinanzministerium von doppeltem Nutzen: Neben den erhofften
Veräußerungsgewinnen ließen sich die NS-Schulden von
Schenker an den Börsen abladen: durch Aktienverkauf in
Streubesitz. Vor dem Erwerb von Schenker-Anteilen wird in einer
mehrsprachigen Expertise gewarnt. german-foreign-policy.com
veröffentlicht das Gutachten.
Laut Presseberichten [1] soll der Teilverkauf von DB
Schenker zwischen zwei und drei Milliarden Euro abwerfen. Dieser Betrag
kommt den Schulden nahe, die Schenker, das Vorgängerunternehmen,
nie abgetragen hat, heißt es in dem aktualisierten Gutachten der
deutschen Bürgerinitiative Zug der Erinnerung.[2]
Bandenmäßig
Seit 1931 ist Schenker ununterbrochen in deutschem
Staatsbesitz und an den Plünderungen, den Raub- und Mordaktionen
des Deutschen Reiches (1933-1945) überall in Europa
maßgeblich beteiligt. Schenker erledigte den massenhaften
Abtransport der industriellen und zivilen Beute in den besetzten
Staaten. Tausende Lastwagenladungen und von Schenker organisierte
Schienentransporte entführten die Reichtümer nach
Deutschland. Ebenso wie die Verbindlichkeiten von Schenker sind die
Werte der materiellen Raubzüge des Unternehmens in den Besitz der
Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Sowohl für die
bandenmäßige Hehlerei der früheren
Schenker-Niederlassungen als auch für einen eventuellen
Gläubigerbetrug durch das heutige Nachfolgeunternehmen DB Schenker
haftet der deutsche Staat.
Höchstpersönlich
Wie aus dem Gutachten hervorgeht, gehört zu den
Schenker-Gläubigern eine unbekannte Anzahl Ermordeter, an deren
Entführung und Tötung Schenker nicht nur mittelbar verdiente,
indem das Unternehmen die Hinterlassenschaften in großem Stil
verwertete; höchstpersönlich sorgten die der Reichsregierung
unterstellten Spitzenmanager von Schenker, die zugleich für das
Auswärtige Amt tätig waren, für die Todestransporte in
die NS-Vernichtungslager.
Unterschlupf
Exemplarisch ist der Fall des Schenker-Beauftragten
Edmund Veesenmeyer, der in Jugoslawien und Ungarn die Deportationen der
europäischen Juden vorantrieb. Veesenmeyer meldete 1944 nach
Berlin, die Einlieferung von "insgesamt 289.357 Juden in 92 Zügen
zu je 45 Wagen abgeschlossen" [3] zu haben. Die 92 Züge rollten
nach Auschwitz. Die Mordlogistik erledigte der Schenker-Mann
Veesenmeyer in Kooperation mit der Deutschen Reichsbahn. Veesenmeyer
fand nach 1945 im Unternehmen des Hamburger Millionärs Alfred
Toepfer Unterschlupf und gehörte zu den stillen Förderern des
"vereinten Europa".
Neubeginn
In den 1950er Jahren befand sich Schenker wieder im
Aufwind. Unverändert dem (west-)deutschen Verkehrsministerium und
dem staatlichen Bahnwesen unterstellt, reaktivierten die
übernommenen Schenker-Kader die Geschäftsbeziehungen aus
NS-Zeiten und setzten in den neuen Niederlassungen ihre alten
Kollaborateure ein. Bereits 1947 kam es zu einem Treffen mit dem
griechischen Schenker-Personal, für das man vorsichtigerweise nach
Wien auswich, um den Neubeginn zu planen. Schenker-Hellas hatte 1943
und 1944 das Eigentum der verschleppten griechischen Juden
geplündert und tonnenweise nach Deutschland geschafft, darunter
die Besitztümer der aus Thessaloniki nach Auschwitz deportierten
über 48.000 Menschen.
Lügen
Bis heute weigern sich der DB-Konzern und sein
Eigentümer, dem kriminellen Erbe von Schenker öffentlich
nachzugehen, geschweige die übernommenen Verpflichtungen
anzuerkennen. Wie das Bundesverkehrsministerium in einem Schreiben an
die Jüdische Gemeinde von Thessaloniki fälschlich behauptet,
sei "die Wiedergutmachung von NS-Unrecht abschließend
geregelt".[4] Eine pauschale Einmalzahlung der Bundesrepublik an die
griechische Regierung aus dem Jahr 1961 (116 Millionen DM) habe zu
reichen. Weiter heißt es in der Korrespondenz von Februar 2016,
"dass keine offene Forderungen mehr bestehen" - obwohl nicht nur die
Jüdische Gemeinde von Thessaloniki ebensolche Forderungen geltend
macht. Zahlreiche Märtyrergemeinden in Griechenland verlangen
Restitution. Die Bundesregierung leugnet diese Tatsachen und
ergänzt ihre Schlussstrich-Politik durch milde Gaben aus dem
Auswärtigen Amt. Das SPD-geführte Ministerium versucht die
Forderungen der Märtyrergemeinden durch wohlfeile Angebote an die
griechische "Zivilgesellschaft" zu unterlaufen.
Betrügen
Die in Planung befindliche Teilprivatisierung von DB
Schenker stellt ein weiteres Manöver dar, dem überall in
Europa aufkommenden Verlangen nach Ausgleich für die in
Deutschland gehorteten Kriegsgewinne zu entgehen. Dabei scheinen die
Deutsche Bahn und die Bundesregierung in Kauf zu nehmen, dass die
internationalen Gläubiger um ihre historischen Forderungen
betrogen werden: durch Verkauf von Schenker, in dessen heutigen
Börsenwert die Gewinne der europaweiten Raubzüge des
deutschen Staates eingegangen sind. Die Restitution der
Schenker-Schulden soll sich im Streubesitz eines deregulierten
Aktiensystems verflüchtigen.
Folgekosten
Unter der Überschrift "Warnung an die Märkte"
macht der Zug der Erinnerung in einer Pressemitteilung darauf
aufmerksam, dass der zukünftige Erwerb von DB-Schenker-Anteilen
"unabsehbare Folgekosten" [5] nach sich ziehen könnte, sollte es
zu Rechtsauseinandersetzungen um das Schenker-Erbe kommen. "Die
Deutsche Bahn AG ist verpflichtet, diese Risiken offenzulegen, indem
sie über materielle und ethische Belastungen ihrer Verkaufsobjekte
umfassend informiert. Dies ist bisher nicht geschehen. Im Gegenteil
leugnet der Konzern die kriminelle Vergangenheit seines
Vorgängerunternehmens, indem er sie seit Jahrzehnten beschweigt -
eine Taktik, die das ganze Ausmaß der Schenker-Verbrechen nicht
länger verhüllen kann."
german-foreign-policy.com dokumentiert: The Schenker Papers.
[1] Bahn-Aufsichtsrat will Teilverkauf auf den Weg bringen. Frankfurter Allgemeine Zeitung 04.05.2016.
[2] Warnung an die Märkte. Zug der Erinnerung. Pressemitteilung vom 08.05.2016.
[3] The Schenker Papers in der Fassung vom 08.05.2016.
[4] Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr vom 11.02.2016. Hervorhebung im Original.
[5] Warnung an die Märkte. Zug der Erinnerung. Pressemitteilung vom 08.05.2016.
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