08.07.2016
Thyssen im Nationalsozialismus
Der
Konzern als Profiteur von Zwangsarbeit
STAHLWERK
THYSSENKRUPP
STEEL
STANDORT
Kaiser-Wilhelm-Straße 100 47166 Duisburg
Die Rolle des Konzerns und der Familie Thyssen im
Nationalsozialismus ist sehr vielschichtig. Hier soll es um zwei
Aspekte gehen, erstens um die Rolle Fritz Thyssen als
Unterstützer der NSDAP und zweitens um die Zwangsarbeit im
Thyssen Konzern.
Bereits 1923, also mit dem ersten
größeren Bekanntwerden Adolf Hitlers,
unterstützte Fritz Thyssen die Nationalsozialisten. Thyssen
spendete erstmals Geld für die NSDAP. Auch in den folgenden
Jahren unterstütze er, trotz Mitgliedschaft in der
Deutsch-Nationalen Volkspartei (DNVP), die Nazis. So half er ihnen zum
Beispiel bei der Finanzierung des »Braunen Hauses«,
der Münchener NSDAP-Zentrale. 1931 trat Thyssen dann in die
NSDAP ein und forcierte die Gründung der »Harzburger
Front«, eines Bündnisses aus rechten Parteien und
Gruppierungen, das die Weimarer Republik zum Fall bringen wollte. Auch
für die Arbeiter in den Thyssen-Werken wurde die
Unterstützung der NSDAP durch ihren Chef spürbar.
In der August-Thyssen-Hütte in Hamborn
konnte die NSDAP ein Büro einrichten, um von dort aus
Wahlkampf bei den Thyssen-Arbeitern zu machen. 1932 gehörte
Fritz Thyssen zu Hitlers Zuhörern bei dessen
berühmter Rede vor dem Industrie-Club Düsseldorf. In
der Rede beruhigte Hitler die versammelte Industriellen-Elite, dass
ihre Vermögen unangetastet blieben und legte seine
Weltanschauung dar. Nach dem Auftritt flössen der NSDAP
Spenden in großer Höhe zu.
Als die NSDAP die Regierungsgewalt in Deutschland
übernommen hatte, stieg Fritz Thyssen politisch weiter auf.
1933 wurde er zum preußischen Staatsrat auf Lebenszeit
ernannt und erhielt ein Mandat für die NSDAP im Reichstag. In
wirtschaftlichen Fragen war Fritz Thyssen ein gefragter Mann, er
gehörte verschiedenen wirtschaftspolitischen Instituten an,
und genoss innerhalb der NSDAP eine gewisse Autorität.

In den Jahren 1938 und 1939 folgte ein Bruch
Thyssens mit dem NS-Regime. Erst kritisierte er die Pogromnacht vom 9.
November 1938, dann stellte er sich gegen den Angriffskrieg auf Polen
am 1. September 1939. Seine Ablehnung des Krieges begründete
Fritz Thyssen wirtschaftlich, er sah Deutschland in Gefahr von
Rohstoffen aus Russland abhängig zu werden. Unmittelbar nach
Kriegsbeginn floh Thyssen über die Schweiz nach Frankreich.
Dort verfasste er gemeinsam mit einem Journalisten das Buch
»I paid Hitler«, welches 1941 ohne Thyssens
Zustimmung veröffentlicht wurde. Nach dem Krieg distanzierte
er sich von dem Buch, da es ihn als Unterstützer der NSDAP
belastete.
Ende des Jahres 1940 wurde Fritz Thyssen aus
Frankreich nach Deutschland ausgeliefert. Bis zum Kriegsende war er in
mehreren Konzentrationslagern, in sogenannter
»Ehrenhaft«, eingesperrt. Nach Kriegsende wurde
Thyssen 1948 bei seiner Entnazifizierung als
»minderbelastet« eingestuft. Fritz Thyssen zog zu
seiner Tochter nach Argentinien und starb 1951 an einem Herzinfarkt.
Ungeachtet der widersprüchlichen Rolle
Fritz Thyssens in der Zeit des Nationalsozialismus liefen die
Unternehmen des Konzerns auch in der Zeit des Kriegs auf Hochtouren.
Die deutsche Industrie, und somit auch der
Thyssen-Konzern, hatten allerdings ein Problem. Mit Fortschreiten des
Krieges fehlten ihnen die Arbeiter, da diese ihren Dienst in der
Wehrmacht ableisteten. Schon 1942 fehlten den Unternehmen in Duisburg
fast 30 Prozent ihrer bisherigen Facharbeiter. Die Lösung des
Arbeitskräftemangels lag für das NS-Regime im Einsatz
von Zwangsarbeitern. Diese wurden damals als
»Fremdarbeiter« oder
»Ostarbeiter« bezeichnet, da Sie
größtenteils aus Polen oder der Sowjetunion kamen.
Die Zwangsarbeiter wurden aus ihren Herkunftsländern nach
Deutschland transportiert, und hier in größeren
Lagern den Stammlagern untergebracht. Deutsche Unternehmen konnten dann
über die Arbeitsämter
»Fremdarbeiter« anfordern.
Am Ort ihres Arbeitseinsatzes angekommen wurden
die Zwangsarbeiter dann in sogenannten
»Ausländerlagern« untergebracht.
Größere Unternehmen hatten eigene Lager, so gab es
auf den Werksgeländen von Thyssen in Duisburg ganze 22
»Ausländerlager«. Für ganz
Duisburg ist eine Zahl von deutlich über 100 Lagern
überliefert, und 1944 sollen ca. 30.000
»Fremdarbeiter« in Duisburg eingesetzt worden sein.
Die Lager in denen die Arbeiter untergebracht waren ähnelten
den Konzentrationslagern. Die Ausstattung mit Betten und
sanitären Anlagen war miserabel, und die Lager waren von
Stacheldrahtzäunen oder hohen Mauern umgegeben.
Außerdem waren die Gefangenen der Willkür von
bewaffneten Wachen ausgeliefert, die immer wieder Gefangene ermordeten.
In der Industrie wurden die Zwangsarbeiter
für die schwersten und dreckigsten Arbeiten eingesetzt, was
oftmals auch ihr Leben forderte. Kontakte zur deutschen
Bevölkerung waren ihnen verboten und wurden, wenn sie dennoch
stattfanden, mit Gewalt geahndet. Trotzdem hatten einige der
Zwangsarbeiter Glück und trafen auf Deutsche, meist
Anhänger der Arbeiterbewegung, die ihnen mit Essen und anderem
halfen zu überleben.
An der ehemaligen Zeche Rönsberghof in
Beeck findet sich ein Gedenkstein, den sowjetische Zwangsarbeiter 1945
in Erinnerung an 80 ermordete Mitgefangene errichteten.
Das Thema Zwangsarbeit beschäftigt die
deutsche Gesellschaft bis in die Gegenwart. Erst im Jahr 2000 richtete
die deutsche Industrie gemeinsam mit der Bundesregierung, auf
großen internationalen Druck, eine Stiftung ein, mit der
ehemalige Zwangsarbeiter entschädigt wurden. Auch, der nach
Fusionen in den 1990er Jahren entstandene Konzern, ThyssenKrupp
beteiligte sich an der Stiftung.

Zwangsarbeiter bei Thyssen -
Propagandafoto der Nationalsozialisten

ThyssenKrupp Steel
Gelände heute

Hochofen 8 - modernster Hochofen bei TKSE Duisburg
Aus:
Stadtführer. Alltag. Herrschaft. Widerstand. Duisburg im
Nationalsozialismus, Hrg.: DGB Jugend Duisburg
Mit
freundlicher Genehmigung der DGB Jugend Duisburg
|