Heartfield: "Millionen stehen hinter Hitler"

Rallye „Spurensuche Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945“

Ein Projekt der VVN/BdA NRW

 

03.11.2017

Der Fall Abs – Kapitalverbrechen einer Bank

Briefe an die Aktion Occupy in Frankfurt am Main und an die Stadt Bonn: Die Deutsche Bank entmachten!

Der Geschäftsführende Landesausschuss der VVN-BdA NRW schrieb im Oktober 2011 an die Occupy-Bewegung:

Die VVN-BdA begrüßt und unterstützt die Anti-Banken-Proteste. Heute bewahrheitet sich erneut, dass die Forderungen der weltweiten antifaschistischen Bewegungen von 1945 hinsichtlich der notwendigen Entmachtung der ökonomischen Eliten der NS-Zeit berechtigt waren – und sind. Diese Forderungen gilt es heute zu verwirklichen, da z.B. die Deutsche Bank wieder eine verhängnisvolle Rolle in Politik und Wirtschaft spielt. Die VVN-BdA bekräftigt die Erklärung der Internationalen Föderation des Widerstandes FIR von Anfang Oktober 2011, im Sinne des »Protestes der Völker gegen die Abwälzung der Lasten der internationalen kapitalistischen Krise auf ihre Schultern«. Maßnahmen wie die »Einschränkung von sozialen Rechten und der Rechte der Arbeiter und ihrer Organisationen«, sowie »Entwicklungen in verschiedenen europäischen Ländern, die die Grundlagen von Demokratie und Freiheit der Menschen gefährden«, haben in den 30er Jahren den Faschismus begünstigt.

Die VVN-BdA NRW erinnert daran, dass sie bereits am 30. Januar 2010 diesen Antrag gestellt hat:

»An den Rat der Stadt Bonn (betr. Hermann-Josef Abs): Es wird beantragt: Am Gebäude der Deutschen Bank in Bonn wird eine Mahntafel angebracht mit einem Text, der darauf hinweist, dass an der Spitze dieser Bank der Bonner Bürger Hermann Josef Abs tätig war, der eine führende Rolle in der Wirtschaft der NS-Zeit spielte. Über Abs und die Deutsche Bank berichtete im März 1947 der Omgus-Report (Report einer US-amerikanischen Regierungsorganisation): »Es wird empfohlen«, »dass die Deutsche Bank liquidiert wird.« Die Vorstandsmitglieder der Deutschen Bank sollten »angeklagt und als Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt werden, die leitenden Mitarbeiter der Deutschen Bank von der Übernahme wichtiger oder verantwortlicher Positionen im wirtschaftlichen und politischen Leben Deutschlands ausgeschlossen werden«. Die Tafel soll auf die verhängnisvolle Rolle von Wirtschaftskreisen in der NS-Zeit hinweisen. Sie soll der Mahnung dienen, solche Verbrechen nie wieder zuzulassen.«

Bisweilen wird darauf aufmerksam gemacht, dass es untunlich sei, Bankkonten bei der Deutschen Bank zu unterhalten. Die VVN-BdA NRW nimmt die Dienstleistungen der Deutschen Postbank für ihre Tätigkeit in Anspruch. Unsere Geschäftsbeziehungen stammen noch aus der Zeit, da die Deutsche Postbank nicht im Besitz der Deutschen Bank war, sondern in Besitz des Bundes. Die Privatisierungen des staatlichen Eigentums in den letzten drei Jahrzehnten haben zu einer Stärkung derjenigen Kräfte geführt, die heute – wie die Deutsche Bank – Demokratie und Wohlergehen der Menschen in unserem Land gefährden. Wir verstehen die Sorgen und Ängste der Menschen um ihre Zukunft, die durch die Bankenmacht verdunkelt wird. Wir fordern die Rückgängigmachung der Privatisierung der Deutschen Postbank als ersten Schritt zur Entmachtung und schließlichen Verstaatlichung der Deutschen Bank. [1]

Wer war Hermann Josef Abs?

Der Großbankier Hermann Josef Abs, (* 15.10.1901 Bonn, † 5.2.1094 Bad Soden am Taunus) war Sohn eines Justizrats und Braunkohlenbergwerk-Großaktionärs, absolvierte nach dem Jurastudium 1921-23 eine Lehre im Bankhaus Delbrück von der Heydt & Co., Köln. Anschließend tätig an Banken in Großbritannien, Frankreich, Niederlanden und USA. Er erwarb dabei viele Verbindungen, die er nach 1933 zur Unterstützung der faschistischen Großraumpolitik und zur Okkupation der europäischen Länder und nach dem zweiten Weltkrieg für seine besonders aktive Beihilfe bei der Restauration der alten Machtverhältnisse in der BRD zu nutzen verstand. »Im Jahre 1929 war Abs Direktor der mit deutschen Bankhäusern liierten Bankfirma Rhodius Koenigs-Handels-Mij. in Amsterdam. Ein Jahr darauf war er Prokurist und Teilhaber bei Delbrück Schickler & Co. in Berlin, wurde später Teilhaber anderer Banken. Die Tätigkeit als Privatbankier in mit der Metallgesellschaft AG, Frankfurt (Main) befreundeten Banken konnten den nach den Schalthebeln der Macht strebenden Abs nicht befriedigen.[2] Unter Aufgabe seiner Teilhaberschaft bei den Delbrück-Banken trat er Anfang 1938 in den Vorstand der Deutschen Bank ein, wo er zunächst die Auslandsabteilungen übernahm. Schon 1942 hatte Abs über 40 Aufsichtsratsmandate inne (mit Sondergenehmigung des Reichswirtschaftsministers, da gesetzlich nur 20 erlaubt waren), davon zehn in den von faschistischen deutschen Truppen besetzten Gebieten Europas. Die Deutsche Bank eignete sich unter Abs’ Federführung in diesen Gebieten Banken an – so per Arisierung –, gründete neue Filialen und stellte jeweils den größten Teil des Finanzwesens in den Dienst der Kriegswirtschaft. In Jugoslawien wurde Abs in Abwesenheit als Kriegsverbrecher zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Der Oberkommandierende der britischen Besatzungszone, in der Abs bereits kurz nach Kriegsende wieder als Finanzberater tätig war, lehnte 1945 seine Auslieferung ab. Im Jahre 1948 wurde er von den Westmächten rehabilitiert und kurze Zeit darauf von den amerikanischen Kapitalgebern zum Leiter der Kreditanstalt für Wiederaufbau bestellt. Adenauer ernannte ihn im Juni 1951 zum Leiter der westdeutschen Delegation für die Londoner Konferenz zur Regelung der Auslandsschulden Westdeutschlands. In dieser Funktion sorgte er dafür, dass für die Sklavenarbeit der NS-Zeit keine Entschädigung zu zahlen war. Die große Zahl seiner Aufsichtsratsmandate meist in jenen mächtigen Konzernen, für die er auch während des zweiten Weltkrieges tätig war [3], kennzeichnet den seit 1967 als Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Deutschen Bank fungierenden Abs auch nach außen als einen der bedeutenden Vertreter des deutschen Groß- und Finanzkapitals sowie seiner politischen Vertreter, der selbst nie direkt politisch hervortrat, aber  immer bereit war, zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil den reaktionärsten Zielen mit seinen umfangreichen Kenntnissen und Verbindungen zu dienen.[4]
[1] www.nrw.vvn-bda.de

[2] Seinerzeit hatte Abs schon elf Aufsichtsratsitze von Unternehmen inne, die allerdings - bis auf die von der Metallgesellschaft AG majorisierten Schlesischen Bergwerks- und Hütten-AG, Beuthen - nicht zu den größten gehörten.

[3] z. B. Badische Anilin- & Soda-Fabrik AG, Ludwigshafen; Daimler-Benz AG, Stuttgart-Untertürkheim; Deutsche Luft-Hansa AG, Köln; Dortmund-Hoerder Hüttenunion AG, Dortmund; Phillip Holzmann AG, Frankfurt (Main); Vereinigte Glanzstoff-Fabriken AG, Wuppertal-Elberfeld; Zellstoffabrik Waldhof, Wiesbaden; Siemens & Halske AG, München/Westberlin

[4] Hans Radandt, in: Biographisches Lexikon zur deutschen Geschichte, Berlin 1970